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Hans Uebersberger (1877–1962) 159
abzuwägen, wo sich die Grenzen zwischen Tatsache und Gerücht befinden, mit einem
Wort, was Wissenschaft und was Fiktion ist. Der methodische Zugang via Geschichte
der Emotionen kann aber sehr hilfreich sein bei der Erhellung der Frage, welcher Impact
zwischenmenschlichen Gefühle/Emotionen etwa bei einer Universitätskarriere, bei der
Bewertung von Forschung und Lehre und/oder auch Publikationen zukam, selbstver-
ständlich eingebettet in den jeweiligen Zeitgeist und Mainstream9.
Ausgehend von diesen methodischen Überlegungen werden der steile Beginn und das all-
mähliche Ende des beruflichen Werdeganges von Uebersberger sowie die Gründe derselben
auch aus der Perspektive der persönlich-emotionalen Sicht analysiert. Die Mitte bzw. der
Höhepunkt seiner Universitätskarriere, die seine Funktionen als Dekan und später als Rek-
tor der Universität Wien markierten, bleiben teilweise bewusst ausgespart, weil deren (Aus-)
Wirkungen in den 1920er und frühen 1930er Jahren zum einen schon in anderen Publika-
tionen berücksichtigt wurden und zum anderen nicht en passant erwähnt werden, sondern
im Zuge neuer Quellenfunde einer separaten Publikation vorbehalten sein sollten10. Das
Schrifttum Uebersbergers, in dem seine wissenschaftliche und politisch-weltanschauliche
Entwicklung oszilliert, war ebenfalls mehrfach in Publikationen mitbehandelt worden11,
wenn auch nicht explizit und ausschließlich, d. h., es wird bei der Analyse, ab wann er in
seinen wissenschaftlichen Elaboraten einen Paradigmenwechsel (zum Beispiel von pro- zu
antirussisch) vorgenommen hat, mitberücksichtigt werden. Weil Uebersberger einer der
Pioniere der eigenständigen Osteuropaforschung in Österreich (-Ungarn) war, wird auf eine
Berücksichtigung der Institutionen und Netzwerke nicht verzichtet werden können.
2. der aufstieg von fürstlichen gnaden
Leitsch und Stoy haben in der Institutsgeschichte festgehalten, dass der am 25. Juni 1877
in Klagenfurt geborene Hans Uebersberger aus der Beziehung der Maria Sacherer (wahr-
scheinlich) mit einem Priester stammte, und nach der Verheiratung der Mutter 1890
den Nachnamen des kaum vermögenden Stiefvaters annahm. Diese Herkunftsvermu-
9 Vgl. dazu die Überlegungen von Ders., http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2011-11-001, Zugriff :
20.09.2013.
10 Siehe Suppan, Wakounig, Uebersberger (wie Anm. 3), 110–126, sowie Herbert Posch, Doris Ingrisch,
Gert Dressel, Anschluss und Ausschluss 1938. Vertriebene und verbliebene Studierende der Universität
Wien (Wien/Münscher 2008).
11 Leitsch, Stoy, Seminar (wie Anm. 2) mehrfach ; Suppan, Wakounig, Uebersberger (wie Anm. 3) ; Gabri-
ele Camphausen, Die wissenschaftlich historische Rußlandforschung im Dritten Reich 1933–1945 (Euro-
päische Hochschulschriften/Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 3/418, Frankfurt a.M./Bern/New York/
Paris 1990) 41f.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625