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Adolf Helbok (1883–1968) 291
über den Atlas übernahmen und andererseits Helbok als geschäftsführender Obmann
eingesetzt wurde. Es dauerte dann fast noch ein ganzes weiteres Jahr, bis am 13. Juni 1956
an der Akademie eine eigene wissenschaftliche Kommission für den Atlas eingerichtet
wurde ; zur Zentralstelle wurde aber die schon genannte Arbeitsstelle in Linz bestimmt
und deren Leitung Burgstaller übertragen621. Ein Problem gab es noch insofern, als am
Österreichischen Museum für Volkskunde bereits seit Längerem an einem gleichsam offi-
ziellen Parallelunternehmen gearbeitet wurde622 ; dessen Leiter, dem Museumsdirektor Le-
opold Schmidt (1912–1981)623, eignete ein gänzlich anderes Naturell als Helbok624, und
er verweigerte eine Mitwirkung am Atlasunternehmen seines alten Feindes625. Immerhin
konnte eine Kooperation der beiden Projekte vereinbart werden, als ein gemeinsames
zentrales Archiv für alle gesammelten Materialien entstehen sollte626.
Als Präsident war Helbok nun wieder in seinem Element, er publizierte bald erneut
eine Vielzahl programmatischer Schriften nunmehr eben über die Atlas-Arbeiten ; hierbei
handelt es sich zumeist um Aufsätze627, aber 1955 erschien als Band 1 der neugegründeten
621 Richard Meister, Kommission für den Volkskundeatlas in Österreich, in : Almanach der ÖAW 108 (1958)
310f.; vgl. Timmel, Helbok (Bibl.) 23, der von „einer Wahl zum Präsidenten der Gesellschaft für den Öster-
reichischen Volkskundeatlas“ schreibt.
622 AÖAW, Volkskundeatlas Kt. 1, Mappe 23 (12.11.1953).
623 Art. „Schmidt, Leopold“, in : Österreich-Lexikon 3 (wie Anm. 35) 150f.; W. F. H. Nicolaisen, Leopold
Schmidt (1912–1981), in : Folklore 93,2 (1982) 224 ; Lutz Röhrich, Leopold Schmidt (1912–1981), in :
Jb. für Volksliedforschung 29 (1984) 117–119.
624 Vgl. v.a. Gertraud Liesenfeld, Herbert Nikitsch, Neubeginn und verfehlte Sachlichkeit – zur Volkskunde
Leopold Schmidts, in : Völkische Wissenschaft (wie Anm. 162) 603–616. Schmidt war auch mit Helboks
Todfeind Anton Dörrer befreundet, siehe Johler, „Tradition und Gemeinschaft“ (Bibl.) 595.
625 AÖAW, Volkskundeatlas Kt. 1, Mappe 11 (15.03.1955), Mappe 23 (12.11.1953) findet sich das folgende
Urteil Schmidts : Für die Vorbereitung eines privaten Unternehmens neben diesem offiziellen scheint dementspre-
chend keine Notwendigkeit vorhanden zu sein. (22.03.1954) heißt es wiederum von Seiten Schmidts : Da das
hiesige Museum organisatorisch an dem genannten „Österreichischen Volkskundeatlas“ nicht beteiligt ist, so emp-
fiehlt sich eine klare Trennung der beiden Unternehmungen auch vor der Öffentlichkeit. Um die Verschiedenheit
der beiden Unternehmungen deutlich genug zum Ausdruck zu bringen, wird das Museum seine Sammeltätigeit
auf diesem Gebiet künftighin als „Archiv der österreichischen Volkskunde“ bezeichnen. Dieses Fernstehen des
alten Feindes Schmidt bewirkte laut diesem, dass Helbok „sehr weitgehende Verleumdungen und hinter-
hältige Verdächtigungen“ verbreitete, siehe Leopold Schmidt, Erklärung zu ÖZV XIV/63/1960, S. 58 ff.,
in : Österreichische Zs. für Volkskunde 64 = NF 15 (1961) 74 ; Ernst Burgstaller, Erwiderung zu ÖZV
XIV/63/1960, S. 58 ff., in : Österreichische Zs. für Volkskunde 64 = NF 15 (1961) 74.
626 AÖAW, Volkskundeatlas Kt. 1, Mappe 23 (12.07.1954).
627 Adolf HelBok, Volkskunde-Atlas, in : Verband Österreichischer Geschichtsvereine (1955) 94f.; Ders., Der
österreichische Volkskundeatlas, in : Zs. für Volkskunde 52 (1955) 282f.; Ders., Editionsplan des Österrei-
chischen Volkskundeatlasses, in : Österreichische Zs. für Volkskunde 60 = NF 11 (1957) 69–74 ; Ders., Der
österreichische Volkskundeatlas, in : Die Aula 8. Jg., Folge 6 (März 1958) 4–6 ; Ders., Zur Geschichte des
Österreichischen Volkskundeatlas (wie Anm. 620) 17–20.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625