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318 Gudrun Wlach
archäologisch ausgerichtet war. In einem Glückwunschschreiben an Reisch zu dessen 70.
Geburtstag äußerte er später, aus einer Schule zu stammen, in welcher der intuitiv-subjek-
tive Faktor immer stark in den Vordergrund trat und bedankte sich für Reischs Förderung
sowie seine Strenge und scharfsinnige Kritik22. Reisch, zu dem Praschniker ein eher ange-
spanntes Verhältnis hatte, dürfte aber derjenige gewesen sein, der in Praschnikers Karriere
in Wien immer wieder den nächsten Schritt gefördert hatte. Zu seinem ehemaligen Leh-
rer Schrader hatte Praschniker ein freundschaftlich-kollegiales Verhältnis. In Briefen an
Schrader finden sich neben fachlichen Diskussionen auch persönliche Äußerungen über
die Familie und über Kollegen sowie über eigene Angelegenheiten und Befindlichkeiten.
3. wissenschaftliche reisen und erster weltkrieg.
etaBlierung als wissenschaftler in wien in einer zeit des
umBruchs (1908–1922)
Praschniker gehörte noch zu der Generation von Archäologen, die ihre Ausbildung nach
Abschluss des Studiums durch Stipendien des Ministeriums für Cultus und Unterricht
auf Reisen vollenden konnten, was der nachkommenden Generation nicht mehr vergönnt
war23. Er verbrachte insgesamt zwei Jahre, von Herbst 1908 bis Herbst 1910, in Griechen-
land, Kleinasien und Italien. Diese Stipendiatenjahre im Mittelmeerraum, eine Zeit der
Reisen und ersten archäologischen Arbeiten, waren besonders prägend. Praschniker erhielt
in Griechenland seine erste praktische Ausbildung, sowohl für die Arbeit mit Skulpturen
in Museen und Depots als auch auf Ausgrabungen. In seinem Lebenslauf von 1941 hob er
besonders Kontakte und anhaltende Freundschaften zu den ungefähr gleichaltrigen Kolle-
gen des deutschen Instituts hervor : G. Rodenwaldt, R. Hackl †, E. Schmidt, H. Lattermann
†, Prinz †, G. Lippold, K. Müller24. Unter den Stipendiaten des österreichischen Instituts
erwähnte er Theophil Sauciuc, später als Sauciuc-Saveanu rumänischer Unterrichtsminis-
22 AÖAI, NL Reisch, Praschniker an Reisch, Selçuk, 20.09.1933.
23 Siehe z.B. UAW, PA Kenner Hedwig, fol. 256 : Fachliche Beurteilung durch Praschniker, 24.11.1941 : Ihre
Ausbildung fiel in eine Zeit, in der es in Österreich nicht mehr wie vor dem Weltkrieg und wie noch heute im
Reich Staatsstipendien gegeben hat, welche den jungen Archaeologen einen manchmal mehrjährigen Aufenthalt
im klassischen Süden und damit eine intimere Vertrautheit mit den antiken Denkmälern aus eigener Anschauung
vermittelte. Siehe auch AÖAI, NL Praschniker, K. VI : Schreiben Praschniker an den Innsbrucker Archäo-
logen Alfons Wotschitzky, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg um einen Athen-Aufenthalt bemühte, am
06.07.1946 : Reisestipendien seien nach dem Ersten Weltkrieg stillschweigend abgeschafft worden. Aus diesem
Grund sei in den letzten zwei Jahrzehnten Nachwuchs nur spärlich und privat im Süden gewesen.
24 Es handelt sich um Gerhart Rodenwaldt (1886–1945), zu diesem siehe unten Kap. 6 ; Rudolf Hackl (1881–
1912), Ernst Schmidt (?), Heinrich Lattermann (1882–1912), Hugo Prinz (1883–1934) und Georg Lippold
(1885–1954).
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625