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Balduin Saria (1893–1974) 403
als auch in deutscher Sprache korrespondierte122. In den 1960er Jahren kehrte er oft ins
heimatliche Pettau zurück.
Die deutschsprachige Fachwelt betrachtete Saria vor allem als einen hervorragenden
Kenner der Geschichte Südosteuropas in allen historischen Perioden. „Sie [Saria], der
deutschsprachige Sohn der von Österreich abgetrennten Untersteiermark, waren präde-
stiniert, auf wissenschaftlichem Gebiet ein Bindeglied zwischen Wien, dem kleinen Ös-
terreich und dem neuen südslavischen Staat zu sein“123. Hervorragende Sprachkenntnisse
und ein ausgedehntes Netzwerk von Kontakten ermöglichten ihm, die archäologische und
historische Forschung insbesondere in bzw. über Jugoslawien laufend zu verfolgen. Nicht
selten stammte in den Südost-Forschungen die Mehrzahl der auf Jugoslawien bezüglichen
Bücherbesprechungen aus seiner Feder. Dabei beschränkte er sich nicht nur auf Veröffent-
lichungen, die im Mutterland herausgegeben wurden, sondern er übernahm es auch, die
Buchproduktion der vor dem kommunistischen Regime geflüchteten slowenischen Emi-
granten vorzustellen und zu rezensieren124. Obwohl Nekrologe gewöhnlich in der Manier
des Sprichwortes „de mortuis nihil nisi bene“ geschrieben sind, scheinen – zumindest
nach zugänglichen Quellen – Stanislaus Hafners Worte im seinem in den Österreichi-
schen Ostheften veröffentlichten Nachruf angebracht zu sein. „Eine selbstlose Hingabe
an die Ideale des wissenschaftlichen Arbeitens, wissenschaftliche Disziplin und Verläß-
lichkeit, die seine Arbeiten auszeichneten und die er auch von anderen verlangte, und die
Weite seines Blickfeldes, ebenso aber auch Toleranz in nationalen Dingen, Bescheidenheit
im persönlichen Auftreten und Nüchternheit im Urteil – alles dies waren Eigenschaften,
die Balduin Saria als Gelehrten und als Mensch in hohem Grade kennzeichneten“125.
Den Weg zum Verständnis seiner Entscheidungen deutete er selbst im Büchlein über
Primož Trubar an. Im Gegensatz zum Radikalismus eines Flacius Illyricus ließ sich Trubar
durch eine tolerante Haltung leiten, die auch auf dem Erlebnis des Grenzland- und Dia-
sporamenschen beruhte. „Gerade wir, die wir ja auch aus einer ähnlichen Lage kommen
wie Truber, aus einem Grenzland des Abendlandes, aus einer doppelten Diaspora, einer
kirchlichen und einer volklichen, haben für Trubers tolerante Haltung Verständnis“126.
122 Znanstveno raziskovalni center pri Slovenski akademiji znanosti in umetnosti, Inštitut Milka Kosa [Wissen-
schaftliches Forschungszentrum der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubljana,
Milko Kos-Institut] Ljubljana, Zapuščina Milka Kosa [NL Milko Kos], Saria an Kos.
123 Betz, Balduin Saria (wie Anm. 1) 220.
124 So z.B. seine Besprechung des Buches Vladimir Vauhnik, Nevidna fronta. Spomini (Buenos Aires 1965), in :
Südost-Forschungen 25 (1966) 480–481.
125 Hafner, Balduin Saria (wie Anm. 116) 451.
126 Saria, Primus Truber (wie Anm. 111) 29.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625