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Übersicht
Gelegenheits-
dichtung von
Francesco Moar
Stefan Tilg
Dichtung
Lat. Dichtung wird in Tirol weit über das Revolutionsjahr 1848 hinaus verfasst, ja
es gibt Beispiele bis in die unmittelbare Gegenwart. Es ist offenbar der ästhetische
Wert, der das Lat. als Möglichkeit gelehrter Dichtung auch noch in der Moderne
bewahrt hat. Dabei zeichnet sich allerdings eine Zäsur zwischen dem 19. und dem
20. Jh. ab. Zum einen sinken Quantität und teilweise auch Qualität der Produk-
tion seit ca. 1900 beträchtlich. Zum anderen ist in der zweiten Hälfte des 19. Jhs.
insofern noch eine ungleich größere gesellschaftliche Relevanz der lat. Dichtung
gegeben, als sie hier meist von Personen verfasst wird, die nicht hauptberufliche
‚Lateiner‘ sind : Die zu besprechenden Beispiele umfassen einen Juristen und Pri-
vatgelehrten, eine Schriftstellerin sowie drei Priester. Die Beispiele des 20. Jhs. be-
schränken sich dagegen auf einen Lateinfachmann des Vatikans, zwei Lateinlehrer
und einen ehemaligen Lateinstudenten. Aus all diesen Gründen kann das 20. Jh.
hier vergleichsweise kurz behandelt werden. Geographisch fällt auf, dass sämtliche
Autoren bis auf einen südlich des Brenners beheimatet sind. Die nach dem weit-
gehenden Verlust institutioneller Bedeutung auf ihre private Pflege verwiesene lat.
Schriftstellerei hatte in der italienischen Kultur und dem deutschen Grenzbereich
zu dieser offenbar noch einen größeren Stellenwert als im Norden Tirols.
Der erste hier zu besprechende Autor ist der Trientner Francesco Moar (1817–
1893), von dessen Jugendwerken bereits die Rede war (vgl. hier S. 922–923). In
dieser Epoche schrieb er Gelegenheitsgedichte zu verschiedenen Anlässen, z.B. auf
die neu erbauten Wasserleitungen Trients (De aquaeductibus Tridenti ; o.O. 1850)
oder auf die Hochzeit seiner Nichte Aloisia Moar (Doctori Paulo Ballardini et Alo-
isiae Moar sponsis, „Für die Brautleute Dr. Paolo Ballardini und Aloisia Moar“ ;
Trient 1884). Auch das Familiengrab in Trient schmücken zwei religiöse Gedichte
aus seiner Feder. Hier sei als Beispiel eine kleine Elegie vorgestellt, die Patriotismus,
Zeitgeschichte und individuelles Empfinden reizvoll verbindet. Das Gedicht ent-
stand anlässlich der Umleitung der Etsch 1858, die bis dahin mitten durch Trient
floss und nun um die Stadt herumgeführt wurde. Damit wurde einerseits Platz für
die moderne urbane Entwicklung Trients geschaffen – es wurden u.a. der Bahnhof
der 1859 neu erbauten Brennerbahn, Palazzi der Stadtverwaltung und große Hotels
gebaut ; andererseits verloren die Trientner aber auch ein Stück ihrer alten Identität.
Dieses Gefühl bringt Moar dadurch zum Ausdruck, dass er in seinem Athesi supre-
mum Tridenti vale („Lebewohl Trients an die Etsch“ ; Trient 1858) die Stadt Trient
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322