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Die Welt von Gestern - Erinnerungen eines Europäers
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wichtiger war eine andere Heimstatt, die ich gleichzeitig fand – der Verlag, der durch dreißig Jahre mein ganzes Werk bewahrt und gefördert hat. Eine solche Wahl bedeutet eine Entscheidung im Leben eines Autors, und sie hätte für mich nicht glücklicher fallen können. Einige Jahre vorher hatte ein dichterischer Dilettant kultiviertester Art den Gedanken gefaßt, seinen Reichtum nicht auf einen Rennstall zu verwenden, sondern auf ein geistiges Werk. Alfred Walter Heymel, als Dichter selbst eine unbeträchtliche Erscheinung, entschloß sich, in Deutschland, wo das Verlagswesen wie überall hauptsächlich auf kommerzieller Grundlage geführt wurde, einen Verlag zu begründen, der ohne Blick auf materiellen Gewinn, ja sogar in Voraussicht dauernder Verluste, als Maßstab nicht die Verkäuflichkeit, sondern die innere Haltung eines Werkes für seine Veröffentlichung entscheidend machte. Unterhaltungslektüre, so einträglich sie auch sein mochte, sollte ausgeschlossen bleiben, dagegen auch dem Subtilsten und dem Schwerzugänglichen Unterkunft geboten werden. Ausschließlich Werke reinsten Kunstwillens in reinster Form der Darbietung bei sich zu versammeln, war die Devise dieses exklusiven und zuerst nur auf das schmale Publikum der wirklichen Kenner angewiesenen Verlages, der mit der stolzen Absicht der Isolation sich ›Die Insel‹ und späterhin ›Insel-Verlag‹ nannte. Nichts sollte dort gewerbsmäßig gedruckt werden, sondern jeder Dichtung buchtechnisch eine äußere Form gegeben, die ihrer inneren Vollendung entsprach. So wurde jedes einzelne Werk mit Titelzeichnung, Satzspiegel, Type, Papier jedesmal neu zum individuellen Problem; selbst die Prospekte ebenso wie das Briefpapier erhoben sich bei diesem ehrgeizigen Verlage zum Gegenstand passionierter Sorgfalt. Ich erinnere mich zum Beispiel nicht, in dreißig Jahren einen einzigen Druckfehler in einem meiner Bücher gefunden zu haben oder selbst in einem Brief vom Verlag eine korrigierte Zeile: alles, auch die kleinste Einzelheit, hatte die Ambition des Musterhaften. Das lyrische Werk Hofmannsthals wie Rilkes war im Insel-Verlag vereinigt, und durch ihre Gegenwart war von vornherein das höchste Maß als das einzig gültige aufgestellt. Man mag sich darum meine Freude, meinen Stolz denken, mit sechsundzwanzig Jahren der ständigen Bürgerschaft dieser ›Insel‹ gewürdigt worden zu sein. Diese Zugehörigkeit bedeutete nach außen hin eine literarische Rangerhöhung und zugleich nach innen eine verstärkte Verpflichtung. Wer in diesen erlesenen Kreis trat, mußte Zucht und Zurückhaltung an sich üben, durfte keinerlei literarische Leichtfertigkeit, keine journalistische Eilfertigkeit je sich zuschulden kommen lassen, denn das Signet des Insel-Verlages auf einem Buche bekräftigte von vorneweg für Tausende und späterhin Hunderttausende ebenso Garantie innerer Qualität wie vorbildlicher drucktechnischer Vollendung. Nun kann einem Autor nichts Glücklicheres geschehen, als jung auf einen 126
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Die Welt von Gestern Erinnerungen eines Europäers
Titel
Die Welt von Gestern
Untertitel
Erinnerungen eines Europäers
Autor
Stefan Zweig
Datum
1942
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
320
Schlagwörter
Biographie, Litertaur, Schriftsteller
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Die Welt der Sicherheit 10
  3. Die Schule im vorigen Jahrhundert 29
  4. Eros Matutinus 56
  5. Universitas vitae 74
  6. Paris, die Stadt der ewigen Jugend 98
  7. Umwege auf dem Wege zu mir selbst 122
  8. Über Europa hinaus 135
  9. Glanz und Schatten über Europa 145
  10. Die ersten Stunden des Krieges von 1914 160
  11. Der Kampf um die geistige Brüderschaft 177
  12. Im Herzen Europas 189
  13. Heimkehr nach Österreich 208
  14. Wieder in der Welt 224
  15. Sonnenuntergang 240
  16. Incipit Hitler 263
  17. Die Agonie des Friedens 286
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