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Die Welt von Gestern - Erinnerungen eines Europäers
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unbedingt Wesentliche zu beschränken, einigermaßen die Wirkung meiner Bücher erklärt, und es wurde wahrhaft beglückend für mich, dessen Gedanken von Anbeginn einzig auf das Europäische, auf das Übernationale gerichtet gewesen, daß sich nun auch aus dem Ausland Verleger meldeten, französische, bulgarische, armenische, portugiesische, argentinische, norwegische, lettische, finnische, chinesische. Bald mußte ich einen mächtigen Wandschrank kaufen, um alle die verschiedenen Exemplare der Übertragungen zu verstauen, und eines Tages las ich in der Statistik der ›Coopération Intellectuelle‹ des Genfer Völkerbundes, daß ich zur Zeit der meistübersetzte Autor der Welt sei (ich hielt es abermals meinem Temperament gemäß für eine Falschmeldung). Eines anderen Tags wiederum kam ein Brief des russischen Verlages, er möchte eine Gesamtausgabe meiner Werke in russischer Sprache veranstalten und ob ich einverstanden sei, daß Maxim Gorkij die Vorrede dazu schreibe. Ob ich einverstanden sei? Ich hatte als Schuljunge die Novellen Gorkijs unter der Bank gelesen, ihn seit Jahren geliebt und bewundert. Aber nie hatte ich mir eingebildet, daß er je meinen Namen gehört habe, geschweige denn, daß er etwas von mir gelesen und schon gar nicht, daß es einem solchen Meister wichtig genug erscheinen konnte, zu meinem Werk eine Vorrede zu schreiben. Und wieder eines andern Tages erschien, mit einer Empfehlung versehen – als ob es einer solchen bedurft hätte – in meinem Hause in Salzburg ein amerikanischer Verleger mit dem Vorschlag, mein Werk im ganzen zu übernehmen und fortlaufend zu publizieren. Es war Benjamin Huebsch von der Viking Press, der mir seitdem der verläßlichste Freund und Berater geblieben und, da all dies andere von den Stulpenstiefeln Hitlers in Grund und Boden gestampft ist, mir eine letzte Heimat im Wort erhalten hat, da ich die alte, die eigentliche, die deutsche, die europäische verlor. Ein solcher äußerer Erfolg war gefährlich angetan, jemanden zu verwirren, der vordem mehr an seine gute Absicht als an sein Können und an die Wirksamkeit seiner Arbeit geglaubt hatte. An sich bedeutet jede Form der Publizität eine Störung im natürlichen Gleichgewicht eines Menschen. Im normalen Zustande ist der Name, den ein Mensch trägt, nicht mehr als was das Deckblatt für die Zigarre: eine Erkennungsmarke, ein äußeres, fast belangloses Objekt, das mit dem wirklichen Subjekt, dem eigentlichen Ich, nur lose verbunden ist. Im Falle eines Erfolges schwillt nun dieser Name gleichsam an. Er löst sich los von dem Menschen, der ihn trägt und wird selbst eine Macht, eine Kraft, ein Ding an sich, ein Handelsartikel, ein Kapital, und innerlich wiederum im heftigen Rückstoß eine Kraft, die den Menschen, der ihn trägt, zu beeinflussen, zu dominieren, zu verwandeln beginnt. Glückliche, selbstbewußte Naturen pflegen sich nun unbewußt mit 236
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Die Welt von Gestern Erinnerungen eines Europäers
Titel
Die Welt von Gestern
Untertitel
Erinnerungen eines Europäers
Autor
Stefan Zweig
Datum
1942
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
320
Schlagwörter
Biographie, Litertaur, Schriftsteller
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 5
  2. Die Welt der Sicherheit 10
  3. Die Schule im vorigen Jahrhundert 29
  4. Eros Matutinus 56
  5. Universitas vitae 74
  6. Paris, die Stadt der ewigen Jugend 98
  7. Umwege auf dem Wege zu mir selbst 122
  8. Über Europa hinaus 135
  9. Glanz und Schatten über Europa 145
  10. Die ersten Stunden des Krieges von 1914 160
  11. Der Kampf um die geistige Brüderschaft 177
  12. Im Herzen Europas 189
  13. Heimkehr nach Österreich 208
  14. Wieder in der Welt 224
  15. Sonnenuntergang 240
  16. Incipit Hitler 263
  17. Die Agonie des Friedens 286
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