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Hallstatt: Forschen am Seegrund#

Im Mai 2012 führte ein internationales Forscherteam Seekernbohrungen im Hallstätter See durch. Der Hallstätter See wurde dafür nicht zufällig gewählt. Denn 400 m oberhalb liegt das älteste Salzbergwerk der Welt.

Die Bohrungen finden im Rahmen des Hallimpact-Projekts statt, das durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften finanziert wird und sich mit den prähistorischen Mensch-Umwelt-Beziehungen befasst. Dabei interessieren sich die Forscher vor allem für einen Zeitabschnitt zwischen 2000 v. Chr. bis in 14. Jh. n. Chr. In diesem Zeitraum wurde in Hallstatt Salz in großem Umfang abgebaut. Wesentlich für die WissenschafterInnen ist die Frage, welchen Einfluss die Umweltveränderungen auf die Menschen und ihr Wirtschaftssystem in dieser alpinen Region hatten.

Archive unter Wasser#

Unter guten Erhaltungsbedingungen liefern See-Sedimente wichtige Informationen über Temperaturentwicklung, Niederschlagsmengen, Hochwasserereignisse, aber auch über die Pflanzenwelt rund um den See sowie über Bergstürze und Murenabgänge. Pflanzenreste, Blütenstaub, Insekten und Mikroorganismen, Gesteine und viele andere Materialien werden über Luft und Wasser in Seen eingetragen. Ein Teil davon lagert sich in Schichten Jahr für Jahr am Seegrund ab. So entsteht im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende ein wertvolles Archiv, das detailliert Umwelt- und Klimaverhältnisse speichert, bis hin zu den Eingriffen des Menschen in seine Umwelt.

Bohren am Seegrund#

Die Bohrinsel
Bohrplattform im Hallstätter See © H. Momen NHM

Die Bohrstellen lagen in der Mitte des Sees in einer Wassertiefe von rund 100 m. Daher kam eine schwimmende Bohrplattform zum Einsatz. Die Plattform und das Bohrsystem wurden von der oberösterreichischen Firma UWITEC entwickelt und umgesetzt. Während der Bohrung wurde ein Plexiglasrohr von 9 cm Durchmesser mit Hilfe von Gewichten in den Seeboden gedrückt. Nach Erreichen der gewünschten Tiefe wurde das Rohr mit den Bodenproben über eine Seilwinde wieder an die Oberfläche gezogen.

Die Sedimentproben mussten nun bis zum Einlangen im Labor kühl gelagert werden. Bis zur Öffnung der Kerne im Labor weiß man nicht, ob das Unternehmen von Erfolg gekrönt ist. Denn alle weiteren Untersuchungen hängen davon ab, ob sich die Seesedimente ungestört ablagern konnten. Bei der Öffnung der Kerne im Labor des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam war die Erleichterung groß. Infolge der idealen Bedingungen am Grund des Hallstätter Sees konnten sich die Sedimente in feinsten Schichten über Jahrtausende ungestört ablagern.

Die Analyse#

Mit Hilfe von verschiedensten Analyseverfahren wird etwa die Größe der im Seesediment enthaltenen Gesteins- und Mineralkörner ausgewertet. Die Verteilung der Korngrößen gibt wichtige Aufschlüsse darüber, wie diese Materialien in den See gelangten: über die Luft, mit einem Fluss, durch einen Bergsturz oder eine Mure. Geochemische Untersuchungen liefern Informationen über die geographische Herkunft der Gesteine, aber auch über Nähr- und Sauerstoffgehalt des Seewassers. In den Sedimenten erhaltene Pflanzenreste, wie etwa Pollen, geben Auskunft über die Zusammensetzung der Vegetation rund um den See.

Mit den Seeschlammkernen besteht nun auch die Möglichkeit, Antwort auf bedeutende Fragen zur Bergbaugeschichte zur erhalten: Wurde in römischer Zeit Salz in Hallstatt abgebaut? Wann begann der mittelterliche Salzbergbau? Diese Fragen waren bislang vollkommen offen. Nun vermitteln die Bohrkerne tiefe Einblicke in die Eingriffe des Menschen in seine Umwelt. Auch Bergbauphasen sollten sich aus den Seesedimenten ablesen lassen. Die erbohrten acht Meter umfassen einen Zeitraum von der Gegenwart bis etwa 400 n. Chr. Für die älteren Zeitabschnitte werden neue Bohrungen notwendig sein.

Plattform mit Rohrteilen
Rohrteile © H. Momen NHM
Die Bohplattform
Die Plattform © H. Momen NHM
Bohrkern
Bohrkern © Dräger, GfZ NHM

Bohrwerkzeug
Bohrwerkzeug © H. Momen NHM
...
Bohrspitze © H. Momen NHM
Der Hallstätter See
Der Hallstätter See - Foto P. Diem
Prof. Kowarik berichtet über die Seebodenfunde
Kerstin Kowarik berichtet - Foto P. Diem

Projektleitung:#

Naturhistorisches Museum Wien, Prähistorische Abteilung
Kerstin Kowarik, Archäologie, Umweltarchäologie,
Mensch-Umwelt, Projektleitung Hall-Impact (ÖAW), prähistorischer Salzbergbau

Weiterführendes#


Redaktion: P. Diem