Staatsoper#
Das ehemalige Hofoperntheater wurde als 1. Hauptbauwerk und als künstlerisch bedeutender Ringstraßenbau 1861-69 von August Siccard von Siccardsburg und Eduard van der Nüll (Dekoration) in romantisch-historisierenden Formen errichtet. Die Erbauer wurden stark angefeindet, man sprach von einer "versunkenen Kiste" oder einem "Königgrätz der Baukunst", daraufhin beging van der Nüll Selbstmord, Sicardsburg erlag 2 Monate später einem Herzinfarkt. Vorgänger der Staatsoper waren das Kärntnertortheater (ungefähr an der Stelle des heutigen Hotels Sacher) und das ehemalige Hofburgtheater am Michaelerplatz (Burgtheater). Die Staatsoper wurde am 25. 5. 1869 mit W. A. Mozarts "Don Juan" eröffnet.
Im 2. Weltkrieg wurde das Bühnenhaus der Staatsoper durch Bomben zerstört (12. 3. 1945), das Gebäude brannte aus. Erhalten blieben das Foyer und die Loggia mit Fresken von
Moritz von Schwind, das Hauptstiegenhaus, das Vestibül und der Teesalon. Zerstört wurde auch fast der gesamte Dekorations- und Requisitenbestand, die Ausstattung von über 120 Opern mit rund 150.000 Kostümen;
Kurzbericht über die Löscharbeiten
Am 6. 10. 1945 eröffnete die Staatsoper im Theater an der Wien bzw. in der Volksoper ihre Ausweichbühnen.
Der Wiederaufbau der Staatsoper erfolgte 1948-55 durch Erich Boltenstern (Zuschauerraum, Stiegenaufgänge, Publikumsgarderoben, Pausenräume in den oberen Rängen), C. Kosak (Gobelinsaal), O. Prossinger und F. Cewela (Seitenfronten und Marmorsaal), Rudolf Hermann Eisenmenger (Eiserner Vorhang) und Heinz Leinfellner (Marmorintarsien im Büffetsaal). Die Wiedereröffnung der Staatsoper fand am 5. 11. 1955 mit Beethovens "Fidelio" unter Karl Böhm statt. Der Fassungsraum der Staatsoper beträgt 2276 Personen (früher 2324), davon sind 1709 Sitz- und 567 Stehplätze. Die Bühne ist eine der größten Europas.
Aus dem Orchester der Wiener Staatsoper rekrutieren sich die Wiener Philharmoniker. Die Wiener Staatsoper, eines der besten Opernhäuser der Welt, blickt auf eine lange Operntradition (Oper) zurück; die Höhepunkte der Wiener Oper im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert sind eng mit der Geschichte des Hauses und seinen Direktoren (besonders Gustav Mahler, H. Gregor, Franz Schalk und Richard Strauss) verbunden.
Zu den großen Dirigenten der Staatsoper, von denen einige auch als Direktoren tätig waren, zählten unter anderem G. Mahler, Felix Weingartner, F. Schalk, R. Strauss, Clemens Krauss, K. Böhm, Herbert von Karajan, Lorin Maazel, Claudio Abbado, Hans Richter, Bruno Walter, Wilhelm Furtwängler und R. Muti. Vor allem die Ära G. Mahlers war ein Aufbruch in neue Dimensionen: Mahler engagierte zahlreiche neue Stars (unter anderem Anna Bahr-Mildenburg, Selma Kurz und Leo Slezak) und gewann mit Alfred Roller einen Bühnenbildner, der das opulente historistische Bühnenbild zur kargen Bühne des Jugendstils und der Moderne wandelte. Auf die mahlersche Direktion geht auch die Einführung des völlig abgedunkelten Zuschauerraums zurück, was vom Publikum nicht ohne Protest hingenommen wurde. Mahlers gezieltes Novitätenprogramm wurde auch unter seinen Nachfolgern (vor allem F. Schalk und R. Strauss) weiterverfolgt.
Bis zur Direktion H. von Karajans war das Niveau der Opernproduktionen durch ein ständiges Ensemble abgesichert (berühmt vor allem K. Böhms "Wiener Mozart-Ensemble"), das jedoch in den 60er Jahren zugunsten des international üblichen Star-Betriebs stark reduziert wurde. Unter der Direktion Ioan Holender (seit 1992) wurde wieder mit dem Aufbau eines Ensembles begonnen. Seit der Umwandlung der österreichischen Bundestheater in eine Holding 1999 hat die Staatsoper die Betriebsform einer Ges. m. b. H.
Untrennbar mit der Staatsoper verbunden ist auch das Staatsopernballett. Große Ballettmeister in kaiserlichen Diensten wie G. Angiolini und J. G. Noverre prägten ebenso den europäischen Tanz wie die berühmten Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts Fanny Elßler und Maria Taglioni. Paolo Taglioni schuf nach 1850 den so genannten "Ensemblegeist" im Ballett; seine prunkvollen Ballette hielten sich bis 1900 auf dem Spielplan. Unter Ballettmeister K. Telle übersiedelte 1869 das Ballett in das neue Opernhaus am Ring. Sein Nachfolger J. Haßreiter brachte 48 neue Ballette zur Aufführung (unter anderem "Die Puppenfee" von J. Bayer). Unter ihm erfuhr die hauseigene Ballettschule eine wichtige Aufwertung (heute Ballettschule der Bundestheater). Von den Tänzerinnen des 20. Jahrhunderts ist vor allem Grete Wiesenthal mit ihrer ausdrucksstarken Form des klassischen Tanzes zu nennen. 1924 wurde H. Kröller Choreograph, von ihm stammt die meisterhafte Gestaltung der Ballette "Josephs Legende" und "Schlagobers" (von R. Strauss). Auf Kröller folgten als Choreographen die Solotänzer T. Birkmeyer und Willy Fränzl (vor allem Darstellungen des Wiener Walzers) und 1942 Erika Hanka, die eine sinnvolle Ergänzung des klassischen Balletts durch den modernen Ausdruckstanz anstrebte. Einen Höhepunkt erlebte das Wiener Staatsopernballett durch Rudolf Nurejew, der zwischen 1964 und 1988 als Tänzer und Choreograph mit dem Wiener Ensemble intensiv arbeitete und wichtige Weichen für die Zukunft stellte.
Die Direktoren der Wiener Staatsoper#
Franz v. Dingelstedt | 1867 – 1870 |
Johann v. Herbeck | 1870 – 1875 |
Franz v. Jauner | 1875 – 1880 |
Wilhelm Jahn | 1881 – 1897 |
Gustav Mahler | 1897 – 1907 |
Felix Weingartner | 1908 – 1911 |
Hans Gregor | 1911 – 1918 |
Franz Schalk mit Richard Strauss (1919–1924) | 1918 – 1929 |
Clemens Krauss | 1929 – 1934 |
Felix Weingartner | 1935 – 1936 |
Erwin Kerber | 1936 – 1940 |
Heinrich Strohm | 1940 – 1941 |
Ernst Aug. Schneider | 1941 |
Lothar Müthel (Generalintendant bis 1946) | 1941 – 1942 |
Karl Böhm | 1943 – 1945 |
Alfred Jerger (prov. Leiter) | 1945 |
Franz Salmhofer | 1945 – 1954 |
Karl Böhm und Egon Seefehlner | 1954 – 1956 |
Herbert v. Karajan (künstler. Leiter) (bis 1961 mit Egon Seefehlner, 1962/63 mit Walter Schäfer, ab 1963 mit Egon Hilbert) | 1956 – 1964 |
Egon Hilbert | 1964 – 1968 |
Heinrich Reif-Gintl | 1968 – 1972 |
Rudolf Gamsjäger | 1972 – 1976 |
Egon Seefehlner | 1976 – 1982 |
Lorin Maazel | 1982 – 1984 |
Egon Seefehlner | 1984 – 1986 |
Claus Helmut Drese Musikdirektor: Claudio Abbado | 1986 – 1991 |
Eberhard Waechter und Ioan Holender | 1991 – 1992 |
Ioan Holender | 1992 – 2002 |
Ioan Holender Musikdirektor: Seiji Ozawa | 2002 - 2010 |
Dominique Meyer Generalmusikdirektor: Franz Welser-Möst (bis Sept. 2014) | 2010 -2020 |
BOGDAN ROŠČIĆ - Direktor seit 1.7.2020 |
Weiterführendes#
- Historische Bilder zu Staatsoper (IMAGNO)
- Die Furche: Das Wiener Theaterwunder (Essay)
- Wiederaufbau der Wiener Staatsoper nach Ende des Zweiten Weltkriegs (Video-Album)
- Wien, Opernhaus: Spätromantischer Historismus (Video-Album)
- 150 Jahre Opernhaus am Ring (Briefmarke)
- APA: Die Wiener Staatsoper - Neueröffnung 1955 (Essay)
- Die Wiener Staatsoper in: Österreich in Wort und BildVaterländisches Jubiläums-PrachtwerkLaurencic JuliusGeorg Szelinski, o.J.Wien1898
Literatur#
- M. Graf, Die Wiener Oper, 1955
- H. Kralik, Die Wiener Oper, 1962
- F. Hadamowsky, Die Wiener Hoftheater (Band 2: Die Wiener Hofoper), 1975
- 100 Jahre Wiener Oper am Ring, 1969
- V. Keil-Budischowsky, Die Theater Wiens, 1983
- A. Seebohm, Die Wiener Oper, 1986
- W. Sinkovicz und A. Zeininger, Das Haus am Ring, 1996
- F. Endler, Karajan an der Wiener Oper, 1997
- A. Oberzaucher, Wiener Staatsopernballett, 1997
- E. W. Partsch, Die Ära G. Mahler, 1997
Andere interessante NID Beiträge