3. Dezember - Advent, Advent, ...#
© Dr. Helga Maria Wolf
Niemand weiß, wann Jesus geboren ist, und in den ersten drei
Jahrhunderten war das für die Christen kein Problem. Der Geburtstag des
Religionsgründers rückte erst in den Mittelpunkt des Interesses, als der
Glaube einer verfolgten Minderheit zur Staatsreligion werden sollte. Die
Stationen auf diesem Weg: 312 besiegte Konstantin "der Fromme" an der
Milvischen Brücke in Rom seinen Rivalen, den Tyrannen Maxentius. Die
Überlieferung weiß von einer Vision, bei der der Kaiser das Kreuz und
die Worte "Durch dieses siege!" als Lichterscheinung schaute. Im
folgenden Jahr erließ er das Mailänder Toleranzedikt, in dem es heißt:
"... dass keinem Menschen die Freiheit versagt werden sollte, Brauch und
Kult der Christen zu befolgen." Konstantin, seit 324 bis zu seinem Tod,
337, Alleinherrscher, eröffnete im Frühjahr 325 im Kaiserpalast von
Nicäa (Isnik, Türkei) das 1. ökumenische (allgemeine) Konzil, dessen Thema die Gottheit Christi
war. Es verurteilte Arius, der die Wesensgleichheit der zweiten Person
Gottes mit dem Vater leugnete, und es lieferte die dogmatische Grundlage
für die offizielle Erhebung zur Staatsreligion. Sie erfolgte 380 unter
Kaiser Theodosius. Zwölf Jahre später ging Theodosius noch einen Schritt
weiter und verbot die heidnischen Religionen. Wer den alten Göttern
opfere, gegen den sei Klage zu erheben "wie gegen einen des
Majestätsverbrechens Schuldigen". Die Häuser, in denen "in heidnischem
Aberglauben der Götzendienst verrichtet" werde, bestimmte das Gesetz
"zur Einziehung für den Fiskus." Nun waren die Christen gefordert,
Feiertage und Rituale zu erfinden. Dabei bot sich die Übernahme antiker
Kulturelemente an, so auch - nach der religionsgeschichtlichen These -
bei der Festlegung des Weihnachtsdatums. Diese These geht davon aus,
dass die Christen das (274 vom römischen Kaiser Aurelian eingeführte)
Fest des Sol invictus "tauften". Das Fest des unbesiegten Sonnengottes
kam aus Persien. Der Kaiser hoffte,
mit einem gemeinsamen Feiertag - zur Wintersonnenwende am 25. Dezember
begangen - die Einheit seines riesigen Reiches zu
festigen. Nicht zufällig setzten die Christen den Geburtstag ihres
Erlösers auf dieses Datum: Statt der unbesiegten Sonne wollten sie der
"Sonne der Gerechtigkeit" huldigen, was seit 336 in der römischen
Stadtliturgie geschah.
Der Weihnachtsfestkreis erinnert an den österlichen: In den Wochen vor
dem Fest, einer "geschlossenen Zeit", waren feierliche Trauungen und
Tanz verboten: Im Gottesdienst entfällt das Gloria.
Der "Rosa Sonntag" Laetare findet sein
Gegenstück im 3. Adventssonntag Gaudete. Zu Ostern feiern die Gläubigen
das Triduum (Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag), zu Weihnachten drei
Messen. In der Osternacht, wie in der Christmette, besingen sie die
Heilige Nacht. Beiden Hochfesten folgen eine Oktav ("Weißer Sonntag" -
Neujahr), eine Festzeit (sieben bzw. zwei Wochen) und ein Schlussfest (Pfingsten - früher Maria Lichtmess).
Schließlich waren beide Kirchenfeste wichtige weltliche Rechtstermine für Pacht, Zins
und Dienstbotenwechsel.
Augenfällig werden die vier Adventssonntage im kerzenbestückten
(Reisig-) Kranz. Der Zeitmesser entstand im 19. Jahrhundert in Hamburg.
Der Gründer der Inneren Mission, Johann Hinrich Wichern, leitete dort
das Jugendheim "Rauhes Haus". Zunächst stellte er zur Adventsandacht
bunte Kerzen bei der Orgel auf und entzündete sie nach und nach beim
Verlesen der Texte. Ab der Jahrhundertmitte wurde auf dem Kronleuchter
des Saales vom ersten Adventssonntag an jeden Tag ein Licht mehr
angezündet. Die Kerzen für die Sonntage waren größer. Danach entwickelte
sich der Kranz mit Reisigschmuck und vier Kerzen. Der Brauch wanderte
aus den Städten des protestantischen Nordens langsam in den katholischen
Süden. Bis er nach Österreich kam, verging rund ein Jahrhundert. Als
weitere Innovatoren wirkten die bündischen Jugendbewegungen der
Zwischenkriegszeit.
Die evangelische Erfindung vertrug sich gut mit der Lichtsymbolik der
Katholischen Kirche, die bald eine Segnung dafür etablierte. Der
Klosterneuburger Liturgiker Pius Parsch, der 1950 ein Werkbuch für den
"Adventabend" schrieb, empfahl rote oder gelbe Kerzen und ein violettes
Band als Schmuck. Später erhielten die Adventskränze in katholischen
Kirchen oft - analog zur Farbe der Messgewänder - drei violette Kerzen
und eine rosa für den 3. Sonntag. Zu Weihnachten leuchten alle vier
Kerzen am Kranz oder Adventsgesteck wie auf einer Geburtstagstorte.
Weihnachten ist als Geburtstag des Jesus-Kindes vertraut. Die Theologen,
die den Weihnachtstermin erfinden
mussten, hatten damit ein Problem: Geburtstagsfeste waren ihnen zu
heidnisch.
In der Antike beging man die Geburtstage von Göttern und Herrschern mit
Feiern. Die beiden, von denen die Bibel berichtet - ein Pharao und
Herodes - nahmen kein gutes Ende. Christen verstanden vielmehr den
Todestag, den Beginn des ewigen Lebens, als den wahren Geburtstag.
Der Kirchenvater und spätere Heilige Johannes Chrysosromos erhielt um
386 von seinem Bischof den Auftrag, den Gläubigen in Antiochien die
Einführung des Festes schmackhaft zu machen. "Goldmund" war einer der
begnadetsten Prediger der Kirchengeschichte, und es gelang ihm, seine
Zuhörer zu überzeugen. Als perfekter antiker Rhetoriker baute er den
Spannungsbogen bis zum stärksten Beweis auf. Zunächst
stimmte er die Gemeinde mit Bibelworten auf den Festgottesdienst ein. Er
zitierte den Propheten Maleachi, der von der Sonne der Gerechtigkeit
sprach, und nannte das neue Fest Ostern und Pfingsten ebenbürtig. Im
Westen des Römischen Reiches sei es "seit langer Zeit bekannt". Der
Prediger ging auf die Zweifel der Zuhörer ein und
führte drei Argumente an. Erstens: Alle, außer in Antiochien, feierten
schon Weihnachten. Zweitens behauptete er, dass die Geburt Jesu in Rom
in einem Buch eingetragen sei. Drittens legte er seine
Berechnungshypothese vor: Dem Priester Zacharias erschien bei seinem
Tempeldienst ein Engel, der ihm die Geburt eines Sohnes, Johannes des
Täufers, ankündigte. Dies sei an einem 25. September geschehen. Nachdem
Johannes ein halbes Jahr älter als Jesus war, ergibt sich die Verkündigung an Maria
am 25. März und die Geburt des Heilands am 25. Dezember. Obwohl diese
Argumente auf wackeligen Beinen stehen, wurden sie durch die
Jahrhunderte tradiert. Die Berechnungshypothese dient bis heute im
angelsächsischen Sprachraum als Erklärung für den Weihnachtstermin.
Mit dem Advent - möglicherweise seit dem Konzil von Ephesus -
entwickelte sich die Roratemesse als Votivmesse zu Ehren der
Gottesmutter. Die Bezeichnung leitet sich von einem Vers bei Jesaja -
"Tauet, Himmel von oben! Ihr Wolken regnet den Gerechten" (45,8) - ab,
der als Kirchenlied
bekannt ist. Roratemessen wurden zwischen dem 17. (jetzt 16.) und 24.
Dezember am zeitigen Morgen gefeiert, früher bei Kerzenlicht und
ausgesetztem "Allerheiligstem" oder mit sakramentalem Segen. Man nannte
die Rorate "Engelamt", weil das Evangelium von der Verkündigung durch
den Engel Gabriel handelt. Viele Gläubige versprachen sich von der
feierlichen "Goldenen Messe" besondere Wirksamkeit.
knüpfen sich an den ländlichen Kirchgang zu ungewohnter Stunde. Man
erzählt vom Weg durch den Schnee beim Schein der Laternen und der Messe,
die im Licht der Kerzen am Altar und der mitgebrachten Wachsstöcke, die
in den Bänken leuchteten, stattfand. Es wird auch berichtet, dass
man diese Messen lange vorbestellen musste und manche Geistliche sich
das gute Geschäft nicht entgehen ließen, indem sie bis nach Weihnachten
Roratemessen zelebrierten.
Zu deren Popularität trugen die liturgischen Spiele bei, die in der
Barockzeit besonders beliebt und in der Aufklärung verpönt waren. Ein
Beobachter schrieb 1748 über die
Rorate im Kloster Mülln (Salzburg): "Dis es ist alle Tag und mit 3
Geistlichen. Gleich bey Anfang dises gehen die Sterne und der Mon recht
schön in denen Wolken auf. Vor dem Evangelio zertaillet sich eine
Wolken, durch welche sich ein Engel hervorschwinget bis ad corum
epistolae in der Höch, ad corum evangelii aber kniet unser liebe Frau
auf einem Bettschamel. Sobald das Evangelium anfanget, stehet sie auf
und da der Diaconus singet: Ave gratia plena, so siehet man diese 3 Word
neben des Engels seyn Maull illuminierter, und wan er singet: Spiritus
superveniet in te, fliecht ein Tauben ad Mariam zu dem Gesicht und sie
bekomet gleich einen Schein. Da es aber heißt: Ecce ancilla domini, so
seyn eben bei dem Maull Maria dise Wort zu lesen. Dise Figuren thauren
das ganze Rorate, der Monschein aber verlihret sich sambt denen Sternen
als wan es natürlich were."
"Es wird scho glei dumpa" (Tirol) (Text und Musik)#
Es wird scho glei dumpa, es wird scho glei Nacht,
drum kimm i zu dir her, mein Heiland auf d'Wacht.
Will singan a Liadl dem Liebling, dem kloan,
du magst ja net schlafn, i hör di nur woan.
Hei, hei, hei hei! Schlaf süaß, herzliabs Kind!
Vergiß hiaz, o Kinderl, dein Kummer, dei Load,
dass d'dada muaßt leidn im Stall auf da Hoad.
Es ziern ja die Engerl dei Liegerstatt aus,
möcht schöna mit sein drin an König sei Haus...
Hei, hei, hei hei! Schlaf süaß, herzliabs Kind!
Ja Kinderl, du bist halt im Kripperl so schen,
mi ziemt, i kann nimma da weg von dir gehn.
I wünsch dir von Herzen die süaßste Ruah,
dö Engerln vom Himmel, sö deckn di zua.
Hei, hei, hei hei! Schlaf süaß, herzliabs Kind!