17. Dezember - Der doppelte Advent#
© Dr. Helga Maria Wolf
An den Wochentagen des zweiten Abschnitts werden die "O-Antiphonen" aus
dem Stundengebet als Hallelujaverse eingesetzt. Sie verbinden die
preisende Anrede des erwarteten Messias mit der flehentlichen Bitte um
sein Kommen. Im Lateinischen beginnen sie mit einem vokativen O: O
Sapientia (Du Weisheit des Höchsten), O Adonai (Du Führer des
Hauses Israel), O radix Jesse (Du Wurzel Jesse), O clavis David (Du
Schlüssel Davids), O Oriens (Du Morgenstern), O Rex gentium (Du König
der Völker), O Emmanuel (Du
König und Gesetzgeber). Diese sieben poetischen Anreden reichen
zumindest bis in das 7. Jahrhundert zurück.
Der typische Brauch dieser Zeit ist die "Herbergssuche". Das
"Frautragen" findet an den neun Abenden vor Weihnachten,
in Erinnerung an die neun Schwangerschaftsmonate statt. Er beruht auf
der nichtbiblischen Szene, bei der ein hartherziger Wirt Josef und Maria
den Einlass verweigert. Der Brauch besteht darin, ein Marienbild oder
eine -statue jeden Abend zu einer anderen Familie zu bringen, wo man
sich zum (Rosenkranz-)Gebet versammelt. In der Christnacht kehrt das
Bild in die Kirche zurück. In manchen Gegenden bleibt es bis zum Ende
der Weihnachtszeit in der Familie, die es zuletzt bekommen hat.
Das Thema der "Herbergssuche" findet sich erst nach dem Konzil von
Trient unter den "verehrungwürdigen Lebensstationen" Jesu. Es erschien
1566 im Catechismus Romanus, dessen Verbreitung den Jesuiten oblag. In
den Exerzitien ihres Ordensgründers Ignatius spielte die "Zurichtung des
Schauplatzes" eine große Rolle. Vergangenes sollte durch Einbeziehung in
die eigene Lebenswelt vergegenwärtigt werden und die Betrachtung zu
einer Entscheidung oder Verhaltensänderung führen. Bei der
"Herbergssuche" lag das Interesse auf der Barmherzigkeit,
die Maria und Josef verwehrt blieb. Die Orden, auch die Franziskaner,
ließen Tafeln malen, die "die heiligen Leut in der Umfuhr" zeigten.
Diese wurden mit feststehenden Sprüchen feierlich begrüßt. Die Familien
gestalteten eine Art Hausaltar und hielten eine Andacht, der ein
geselliges Beisammensein folgte. Am nächsten Abend beim "Aveläuten"
erschien der Zug der Kinder, jungen Frauen und Fackelträger wieder, um
die Tafel in das nächste Haus zu bringen. Dass bei den Besuchen manchmal
gut gegessen, viel getrunken und getanzt wurde, widersprach den
kirchlichen Vorschriften und führte zeitweise zu Verboten. Es
entwickelte sich ein beachtlicher Kult um die "Herbergsuche in
Bethlehem", forciert durch neue Gebetbücher, Lieder und Flugblätter.
Zwischen 1892 und 1914 erschien der populäre Text "Geistlicher
Krippenbau" in zahlreichen Auflagen.
Der Gebrauch von rosa Messgewändern statt in der Bußfarbe Violett folgt
dem Vorbild des 4. Fastensonntags Laetare, der, nachdem die Hälfte der
Fastenzeit vergangen ist, ebenfalls freudigen Charakter trägt. Während
die liturgische Unterkleidung (Albe) stets weiß ist, wurde die festliche
Oberkleidung verschieden eingefärbt. Dies geschah durch Kochen des
Stoffes im verdünnten Sekret der Purpurschnecke und der anschließenden
Einwirkung des Sonnenlichtes. Je nach Menge des Purpursaftes und Dauer
der Lichteinwirkung entstanden verschiedene Farbtöne, vom zarten Rosa
bis zum dunklen Rot und Violett. Daraus ergaben sich die noch heute
üblichen liturgischen Farben. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts legte Papst
Innozenz III. die jeweiligen Tagesfarben fest. Seit dem Messbuch des
Trientiner Konzils sind sie fast unverändert vorgeschrieben: Weiß (für
die Weihnachtszeit, Osterzeit, Herrenfeste, Marientage und Gedenktage
der Nicht-Märtyrer), Rot (für Palmsonntag, Karfreitag, Kreuzesfeste,
Pfingsten, Gedenktage der Apostel und Märtyrer), Violett für Advent und
Fastenzeit, Rosa für Gaudete und Laetare, Schwarz oder Violett für
Totengottesdienste, Grün für die Zeit im Jahreskreis.