13. Dezember - Lucia: Lichtblicke#
© Dr. Helga Maria Wolf
Die Katakombenheilige Lucia, deren Gedenktag am 13. Dezember im Kalender
steht, lebte im 3. Jahrhundert in Syrakus. Schon im Altertum eine der
beliebtesten Heiligen, wird sie im Messkanon namentlich genannt. Nachdem
sich im 6. Jahrhundert ihre Legende ausbildete, entstanden in Rom und
Syrakus ihr geweihte Klöster. Bis zur Kalenderreform 1582 galt der
Luzientag als Mittwintertag. Der 13. Dezember spielte als Quartalsbeginn
in der Verwaltung, Termin für Verträge und als Schulschluss eine Rolle.
Die Kinder erhielten Geschenke. Bräuche der Wintersonnenwende und des
Jahreswechsels vereinten sich an diesem Tag, wie Orakel, Haussegnungen
oder Heische-Umzüge der Lehrer und Schüler. Andere Vorstellungen und
Lichtsymbole hängen mit der Übersetzung des Namens der Lichtvollen
zusammen. Seit 1780 tritt in Schweden die christkindähnliche
Gestalt der Lucienbraut auf. Eine weißgekleidete junge Frau
trägt einen Kranz mit brennenden Kerzen auf dem Haupt und serviert
Kuchen.
Anders als das ambivalente Feuer ist das Ursymbol Licht fast nur positiv
besetzt. Tag und Licht sind Synonyme des Bewusstseins, Nacht und Dunkel
des Unbewussten. Wem etwas bewusst wird, dem geht ein Licht auf. Der
Gegensatz zwischen Licht und Finsternis hat Philosophen und Religionen
in aller Welt und zu allen Zeiten beeinflusst. Politiker ließen sich
gern als Licht ihrer Völker bezeichnen. "Der Fürst muss einer Kerze
gleichen, die sich selbst verzehrt,
indem sie anderen leuchtet", formulierte ein Bayernherzog im 16.
Jahrhundert.
Die Philosophen der Gnosis betonten die Erkenntnis als den eigentlichen
Heilsweg. Einige sprachen vom Urlicht, das durch Schuld abgeschwächt,
zur Finsternis werde. Andere betonten den Kampf der Finsternis gegen das
Licht, der im Menschen stattfinde. Der Mensch als Lichtwesen könne aber
durch sein ethisches Handeln den Übergang vom Dunkel
zum Licht schaffen. Manche gnostischen Gruppen erhoben das Licht selbst
zur Gottheit, die sie verehrten.
Kein Wunder, dass Licht in allen Kulten eine große Rolle spielte. Im
Tempel Salomons stand im Vorraum des Allerheiligsten der siebenarmige
Leuchter mit ununterbrochen brennendem Licht. Im Alten Testament (Ex 25,
31 ff) wird genau beschrieben, wie er aus purem Gold anzufertigen war.
Man interpretierte die sieben Arme der Menora als Erinnerung an die
sieben (von Babylonien und Ägypten entlehnten) Planetengottheiten
oder "die sieben Augen des Herrn, die über die
ganze Erde schweifen" (Sach 4, 10). In den Synagogen leuchtet in
Erinnerung daran die "Ewige Lampe". In katholischen Kirchen markiert das
"Ewige Licht" den Aufbewahrungsort des Allerheiligsten. So sah es das
Kirchenrecht schon um 940 vor. In orthodoxen Kirchen ist es üblich, vor
allen Altären, Heiligenbildern und Märtyrergräbern ständig Licht brennen zu
lassen.
Die Kerze, "das" Symbol der Weihnachtszeit, schafft in den finsteren
Winterwochen kleine Inseln der Wärme und Geborgenheit. Kerzen brannten
schon vor über 2.000 Jahren. Ihren Namen verdanken sie dem lateinischen
"Charta", dem Blatt der Papyrusstaude, das als Docht Verwendung fand.
Griechen und Römer waren Meister der Bienenzucht. Im ersten
nachchristlichen Jahrtausend widmeten sich vor allem die Klöster der
Imkerei und Wachsverarbeitung. Seit dem 11. Jahrhundert besteht das
bürgerliche Kerzenmachergewerbe. Um 1400 zählte die Wiener Zunft der
Wachskerzenhersteller 16 Mitglieder. Damals waren
Bienenwachskerzen in privaten Haushalten eine Seltenheit. Man fertigte selbst
Unschlittkerzen aus Talg und füllte Lampen mit Rüböl. In waldreichen
Gegenden diente der Kienspan als Beleuchtungsmittel, wie Peter Rosegger
überliefert. In seiner Erzählung "Ein Winterabend" beschreibt er, wie
die Knechte die Späne herstellten und dass nur einmal in der Woche zum
Gebet eine Kerze auf dem Tisch flackerte.
Die Verwendung von Wachskerzen in der christlichen Liturgie ist im Jahr
258 im Zusammenhang mit einer Lichtdanksagung belegt. Es sei eine alte
Sitte, dass ein
Messdiener den Leuchter mit dem Wachs entgegennehme. Die Pilgerin Egeria
berichtete um das Jahr 400 von einer feierlichen Kerzenprozession, mit
der man in Jerusalem das Evangelium ehrte. Doch erst seit dem 14.
Jahrhundert stehen Kerzen auf dem Altar. Die aktuelle Einführung in das
Messbuch bestimmt, dass beim Gottesdienst zwei, vier oder sechs Kerzen
aufgestellt werden sollen. Wenn der Ortsbischof die Messe feiert, sollen
es sieben sein.
Im Petersdom in Rom brannten um das Jahr 800 auf
einem einzigen Leuchter 1.370 Kerzen, im 9. Jahrhundert sogar 3.370. In
der Romanik galten Radleuchter mit zwölf laternenartigen Türmchen als
Hinweis auf den Lichtglanz des himmlischen Jerusalem (Offb 21, 10 f.).
Sie hatten einen Umfang von 18 Metern und trugen 72 (6 x 12) Kerzen.
Jahrhundertelang spielten Wachsvotive und Kerzenspenden eine große
Rolle. Kaiser Joseph II. wollte dem Geschäft mit den Opferkerzen und dem
übermäßigen Wachsverbrauch ein Ende setzen.
Er erlaubte Kerzen nur noch beim Gottesdienst
und auf dem Hochaltar und verfügte: "Aller übermäßige, dem
Kirchengeiste nicht angemessene Aufputz, Prunk und Beleuchtung der
Heiligen in Kirchen, Kapellen und bei privaten Andachten wird gänzlich
abgeschafft."
Damit verschwanden auch die Verkäuferinnen an den Kirchentoren, die so
genannten Kerzelweiber.
Bei ihnen gab es Wachsstöcke - naturgelbe, weiß gebleichte oder bunt
gefärbte, bis 20 Meter lange aufgewickelte Kerzenschnüre. Man hat sie
als begehrtes Souvenir aus Wallfahrtsorten mitgebracht oder als Teil der
Aussteuer von Generation zu Generation vererbt, aber selten als
Leuchtmittel verwendet. Um 1600 kostete ein Kilo Bienenwachs zehnmal so
viel wie ein Kilo Fleisch.
"Kerze = Bienenwachs" diese Gleichung stimmte bis in die erste Hälfte
des 19. Jahrhunderts. Nach der Erfindung von Ersatzstoffen mussten bis
zum Ersten Weltkrieg Altarkerzen zumindest zum Teil aus Bienenwachs
sein. Auch später gab es noch Debatten über ihre Echtheit. 1957 wurde in
Salzburg gefordert, in der Kirche auf elektrische Kerzen zu verzichten.
1974 entbrannte eine heftige Diskussion um elektrische Opferlichter mit
Geldeinwurf. Gleichzeitig appellierte die Gottesdienstkongregation, man
möge darauf achten, dass Altarkerzen nicht rauchen oder stinken.
Erst im 19. Jahrhundert war es daher breiteren Kreisen möglich, zu
Weihnachten einen Lichterbaum aufzustellen. Die älteste Nachricht weist
in die Zeit um 1660 zurück. Lieselotte von der Pfalz berichtete über
ihre Kindheit: "Da richtet man Tische wie Altäre her und stattet sie für
jedes Kind mit allerlei Dingen aus... Auf diese Tische stellt man
Buchsbäume und befestigt in jedem Zweig ein Kerzchen; das sieht
allerliebst aus."