14. Dezember - Fasttage und Festtage#
© Dr. Helga Maria Wolf
"Asche, Pfingsten, Kreuz, Luzei, die Woch' danach Quatember sei",
prägte man den Kindern ein. Nach dem Aschermittwoch, Pfingsten,
Kreuzerhöhung und dem Luzientag - sollte in einer Woche am Mittwoch,
Freitag und Samstag gefastet werden. Seit dem 8. Jahrhundert bezeichnete
man diese in Rom als "quattuor tempera", vier (Jahres-) Zeiten. Schon im
6. vorchristlichen Jahrhundert ermahnte der Prophet Sacharja zum "wahren
Fasten" und nannte dafür vier Monate (Sach 7-8).
Im 5. Jahrhundert berief sich Leo der Große auf die alttestamentarischen
Vorschriften und die Tradition der Apostel. Der Papst und Kirchenlehrer
hielt 25 Quatemberpredigten. Das Dezemberfasten begründete er mit einer
Art Erntedank: "... um in würdiger Weise ein Opfer der Enthaltsamkeit
für die abgeschlossene Ernte aller Früchte Gott, ihrem Spender, darzubringen."
Vorläufer
des Quatembers könnten altrömische Feste gewesen sein, die anlässlich
der Getreideernte, Weinlese und Aussaat im Dezember begangen wurden. Bei
den Christen, so der Papst und spätere Kirchenlehrer, sollte der Dreiklang Fasten, Beten und Almosen im Vordergrund stehen. Außerdem
dienten die Quatemberwochen der Vorbereitung und Spendung der Weihen und
wurden daher "Weihefasten" genannt. Man sprach vom Fronfasten
(Herrenfasten), weil zu den Quatemberterminen Pacht und Abgaben zu
zahlen waren. Bei der Neuordnung des Kirchenjahres nach dem Zweiten
Vatikanum haben die österreichische und die deutsche Bischofskonferenz
die erste Woche im Advent mit dem Schwerpunkt "Frieden für die Welt" und
der Aktion "Bruder in Not" festgelegt.
Fasten ist untrennbar mit den Festen verbunden. Das Jahr der
mittelalterlichen Menschen im deutschsprachigen Raum hatte rund hundert
Sonn- und Feiertage und 160 Fast- und Abstinenztage. Die Gläubigen
mussten durchschnittlich jeden zweiten Tag auf Fleischspeisen verzichten. Den Freitag
begingen schon die ersten Christen in Erinnerung an das Leiden Jesu in
dieser Weise und widmeten sich dem Gebet. Den Sinn des samstäglichen
Fastens begründeten die Theologen des Mittelalters: "... damit die
Gläubigen sich desto geschickter auf den Sonntag vorbereiten, der nit
ain klein fest ist".
Das gemeinkirchliche Fasten umfasste die vierzig Tage vor Ostern,
zeitweise den Advent von Martini bis Weihnachten, das Vigilfasten vor
hohen Festen und das Quatemberfasten. Besonders eifrigen Christen war
das noch zu wenig. Es "fasteten vil menschen us andacht und gutem
brauch, sei es an einem und anderem und gar an vilen tagen", weiß das
Freiburger Diözesanarchiv. Solche Tage
waren u. a. der Silvesterabend, die Tage vor Dreikönig, Maria
Empfängnis, Barbara und Nikolaus. Die Erwachsenen übten es nicht nur
selbst aus, sie schlossen teilweise auch Kinder und Haustiere in den
Verzicht ein. Ursprünglich war völlige Nüchternheit bis zum
Sonnenuntergang gefordert, ab dem 9. Jahrhundert gestattete die Kirche
im Abendland die einmalige Sättigung und legte fest, mit welchen
Speisen.
Eine besondere Rolle spielten die Fische, die von den Klöstern in
eigenen Behältern und Teichen gehalten, teilweise auch verarbeitet und
verkauft wurden. So zählten die Würste der Paulaner im 4. Bezirk zu den
Alt-Wiener Spezialitäten. Sie ersetzten die Weißwurst aus Kalbfleisch
und bestanden aus Zanderfilet, Weißbrot, Milch, Zwiebel, Butter und
Gewürzen. Die aus der fein gehackten Masse geformten Würstchen wurden
dann noch paniert und in reichlich Butterschmalz herausgebacken.
In der Antike Symbol der Götter und Lebensfülle, erhielt der Fisch im
Christentum eine neue Bedeutung. Die Anfangsbuchstaben des griechischen
"Ichthys" standen für: Jesus, Christus, Gottessohn, Erlöser. Für die
Verfolgten wurde er zum Erkennungszeichen, zugleich zum Symbol der Taufe.
Das Neue
Testament erwähnt mehrere Fisch-Geschichten. Die ersten Jünger wurden
von Fischern zu Menschenfischern(Mt4, 19,Mk1, 17, Lk5, 10).
Mit fünf Broten und zwei Fischen speist Jesus 5.000 Männer (Mk 6, 30-44,
Lk 9, 10-17). Als der Auferstandene den Jüngern am See erscheint,
verhilft er ihnen zuerst zu reichem Fang und brät ihnen dann Fische.
Echte Fische, auch Backwaren in Fischform, sind wichtig in der
Weihnachtszeit. Ein Merkspruch sagt, dass man Fische nur in Monaten
essen solle, die ein "r" enthalten, also auch im Dezember. Der Karpfen
wird zur Festspeise, weil der Heilige Abend als Vigil des Christtags ein
Fasttag war. Der Glücksfisch zu Neujahr ist ein gutes Omen. Aus Biskuitteig, als
Gebildbrot oder Modelgebäck aus Lebkuchen wird er nach wie vor gern
genossen.
1716 heißt es im "Vollständigen Küchen- und Keller-Dictionarum": "Was nun
die an denen Fasttagen verbotene Speisen betrifft, so sind solche nicht
allein alles Fleisch der auf Erden und in der Lufft sich aufhaltenden
Thiere als nemlich der Vierfüssigen und der Vögel sondern auch das was
von fleischigten Thieren herkommt als Eyer, Milch, Butter, Käse zu
zehlen. Die Fische aber ob man zwar meynen möchte, daß sie ein Fleisch
an sich haben, darff man essen, denn es haben solche kein rechtes wahres
Fleisch." In der Folge galten auch Schnecken, Frösche, Krebse,
Schildkröten, Biber, Otter, Enten, Reiher und Schwäne - da sie im
Wasser leben - als Fastenspeisen.