12. Dezember - Ochs und Esel, Schaf und Hund#
© Dr. Helga Maria Wolf
Der Evangelist Lukas schreibt nichts von den beiden. Apokryphe Schriften
erzählen, dass Ochse und Esel das Jesuskind anbeteten. Unterschiedlich
verläuft auch die Deutung. Einmal heißt es, der Esel stehe für die Juden
und zugleich für die Demut Jesu. Andere meinten, der Ochse symbolisiere
die Juden, auf denen das Joch des Gesetzes laste. Einmal wurde der Esel,
dann wieder das Rind als Allegorie des heidnischen Götzendienstes
verstanden. Viele Völker des vorderen Orients, wie Phönizier und
Babylonier, kannten Stierkulte. Bei den Mithras-Mysterien der
Römer spielte der Stier
noch zur Zeit der Einführung des Weihnachtsfestes eine Rolle. Der Tanz
um das goldene Kalb ist bis heute sprichwörtlich. Im Gegensatz zum Stier
steht der Ochse im christlichen Symbolschatz für Güte, Ruhe und
friedliche Kraft, ist Zeichen der Macht, der Arbeit und des Opfers.
Der Esel galt bis zur Einführung des Pferdes - im 6. vorchristlichen
Jahrhundert im Mittelmeerraum - als edel und geduldig. Als Trag- und
Reittier sieht man ihn auf vielen Bildern: Er trägt die schwangere Maria
auf der Reise von Nazareth nach Bethlehem und erleichtert der Heiligen
Familie die Flucht nach Ägypten. Jesus ritt beim Einzug in Jerusalem
auf einem jungen Esel. Als Attribut sieht man das Tier bei den Heiligen
Florentius von Straßburg, Germanius von Auxerre, Hilarion und besonders
Antonius von Padua. Vor dem Heiligen mit der Hostie fällt der Esel auf
die Knie.
Die meisten Tiere, die barocke und spätere Krippenlandschaften
bevölkern, sind Schafe. Die Hirten, die als erste die frohe Botschaft
von der Geburt des Erlösers hörten, brachten sie bei ihrem Besuch zur
Krippe mit. In der Antike waren Lämmer die häufigsten Opfertiere. Die
Vorstellung vom "Lamm Gottes" fußt auf dem biblischen Bericht über das
Paschalamm (Ex 12, 3; 29, 38f). In jeder Liturgie wiederholt
der Zelebrant das Zeugnis Johannes des Täufers: "Seht, das Lamm
Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt" (Joh 1,29). Das Sinnbild des
guten Hirten, der sein Leben für die Schafe hingibt, findet man nicht
nur im
Johannesevangelium (Joh 10, 1-21), sondern schon in altgriechischen
Bildwerken. In der Apokalypse wurde das Lamm zum Symbol der Märtyrer und
der Tugenden der Reinheit, Demut, Geduld und Mäßigkeit. Eine Reihe von
Heiligen trägt in diesem Sinne das junge Schaf als Attribut wie Susanna,
Agnes, Wendelin, Clemens von Rom, Franz von Assisi.
In vielen Krippen, besonders im Salzkammergut, haben die Hirten Hunde
als Begleiter. In alten Kulturen galten sie als Seelenführer oder
Höllenwächter. In der Bibel kommen sie nicht gut weg. Für die Juden
unreine Tiere, nennt sie das
Neue Testament abwertend: "Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft
eure Perlen nicht den Schweinen vor" (Mt 7,6). Erst die Allegorien des
Mittelalters ließen Hirten und Jagdhunde zu Symbolen der Treue
aufsteigen. Hunde begleiten den Pestheiligen Rochus, den Hirten
Wendelin, die Jäger Eustachius und Hubertus, die Ordensheiligen Petrus
Canisius und Dominicus.
Die Ebenseer Krippenschnitzer und -bauer hatten die
"Schwanthaler-Krippen" von Gmunden und Altmünster als prächtige
Vorbilder vor Augen. Um ihre Werke in den Häusern aufzubauen, werden
auch heute noch ganze Stuben ausgeräumt. Es entsteht ein faszinierender
Mikrokosmos der heimatlichen Überlieferung, Phantasien vom fernen
heiligen Land und christlicher Symbolik. Ein Hirtenbub mit erhobenem Stab läuft
mit seinem Hund einem Wolf nach, der die Schafe bedroht. Wird der
"Hirtenschlaf" (die Verkündigung des Engels) dargestellt, so zeigen sich
nicht nur die Hirten gestikulierend, auch die Schafe dürfen nicht weiter
ruhen, und es werden die "aufschauenden Lämmer" verwendet.
Die "Jagd des kleinen Mannes" galt dem schon im 16. Jahrhundert
beschriebenen Fang von Singvögeln. 1909 las man von einer
Vogelausstellung, auf der die schönsten
Exemplare in kleinen Käfigen vorgeführt wurden. Die inzwischen als
"ambivalente Ausformung des Salzkammergut-Brauchtums" bezeichnete
Vogelfängerei fand auch in die
Krippen Eingang: Wald- und Singvögel sind da ebenso anzutreffen wie
Geflügel.
Die Heiligen Drei Könige erscheinen mit großem Gefolge, wie Rossknechte,
Kameltreiber und Diener, die sich um die Elefanten kümmern. Da die
Schnitzer die exotischen
Tiere nicht aus eigener Anschauung kannten, spielte die Phantasie eine
umso größere Rolle. In einem Ebenseer Krippenlied heißt es. "A Tier
treiben s' auch hinten nach, das war mir unbekannt, I waiß nicht, kann
ichs nennen, man heißt
es Elefant." Der Elefant ist das königliche Reittier Asiens, Symbol der
Souveränität, Kraft, Klugheit und Festigkeit. Man sieht ihn auf
Paradiesdarstellungen und als Wappentier. Die Kamele der Magier finden
sich schon in der frühchristlichen Kunst. Der Besitz zahlreicher Tiere
bedeutete Reichtum, der den Heiligen Drei Königen wohl zustand. Unter
den Erdteilen versinnbildlichte das Kamel Asien. Bei
vielen Völkern ist es ein Symbol der Nüchternheit, Mäßigung und des
Gehorsams, der Demut ebenso wie des Hochmuts. Augustinus nannte es als
Vorbild des geduldigen, geplagten und mit Lasten beschwerten Christen.
Andere Theologen verbanden mit dem Dromedar schwierigen Charakter und
Trägheit, aber auch die Gabe der Unterscheidung, da es angeblich keine
Belastung aufnimmt, die seine Kräfte übersteigt.
Die sächsisch-thüringischen Lande zwischen Neiße und Saale wurden oft
Weihnachtswunderland genannt. In Heimarbeit entstand geschnitztes und
gedrechseltes Spielzeug, vor allem Holztiere, die in der Adventszeit auf
den "Striezelmärkten", wie dem Dresdener, guten Absatz fanden. Im
Erzgebirge gab es als spezielle Krippenform den Paradiesgarten,
eingerichtet auf der Bodenplatte einer Weihnachtspyramide.
Man umgab sie mit einem kleinen Zaun, belegte sie mit Moos und stellte
Spielzeugtiere hinein. Nicht nur der Hirt mit seinen Schafen war da,
sondern auch anderes Getier: "Kühe brüllen, Lämmer springen, Hirsch und
Reh stehn scheu im Tann und umwölkt von blauen Ringen schmaucht der
Räucherkerzenmann", heißt es in einem Gedicht über den "Weihnachtsberg".
Die Weihnachtspyramide, deren älteste Exemplare um 1780
entstanden, ist ein mehrstöckiger, hölzerner Aufbau mit Kerzen an den
Ecken. Die aufsteigende warme Luft dreht das Windrad an der Spitze, das
auf einer Vertikalachse befestigt ist. Dadurch bewegen sich Holzscheiben
mit Figuren in den verschiedenen Ebenen mit. Kinder und Bergsänger zogen
im Advent mit solchen Weihnachtsbergen heischend von Haus zu Haus.
Wenn Santa Claus den Weihnachtsbaum und die Geschenke bringt, braucht er
Hilfe. Nicht anders als dem guten, alten Nikolo oder dem Christkind
helfen ihm Trag- und Reittiere. Je nach Zeit und Region bediente sich
der Gabenbringer Nikolaus eines Esels oder Schimmels. Auf einem weißen
Pferd erscheint er bei den prächtigen Nikolauseinzügen in den Städten.
Die Kinder wies man an, für den Esel des Nikolaus oder des Christkinds
Futter und Heu vorzubereiten. Das Christkind hatte in manchen Gegenden
ein goldenes Rössl als Reittier, oder dieses warf ganz selbständig in
der Nacht die Geschenke ab. Der Weihnachtsmann verwendet moderne
Verkehrsmittel, vom Ballon bis zum Auto. Vielspännig kommt er mit
dem von Rentieren gezogenen Schlitten durch die Lüfte,
wobei eines die Nase vorn hat: Rudi,
"the Red-nosed Reindeer". Rudolph verdankt seine Popularität einem
Weihnachtslied, das Gene Autry und Johnny Marks 1949 schrieben, 1964
folgte ein Zeichentrickfilm. Die Story ist kurz und herzerweichend: Der
arme Rudolph wird wegen seiner roten Nase von den Artgenossen
verspottet. Santa Claus engagiert ihn aber gerade deshalb. Die
leuchtende Nase soll seinem Schlitten den Weg weisen. Und wenn sie nicht
gestorben sind, bescheren sie noch heute.