9. Dezember - Apfel, Nuss und Mandelkern#
© Dr. Helga Maria Wolf
"Apfel, Nuss und Mandelkern essen fromme Kinder gern", lässt Theodor
Storm seinen Knecht Ruprecht dem Christkind antworten. Äpfel waren das
klassische Geschenk
des Nikolaus. Für ein Nikolaushäuschen steckt man zwölf
Stäbe so in acht Äpfel, dass die Stäbe den Kanten und die Äpfel den
Ecken eines Würfels entsprechen. In die oberen Kanten steckt man nun
vier weitere Stäbe als Sparren, die mit einem weiteren Apfel
zeltdachförmig die Spitze bilden, an der eine Kerze in die Höhe ragt.
Die oberen vier Senkrechten münden in einem Apfel, der eine Kerze
trägt. Alle Einstichstellen verziert man mit Tannenzweigen.
In dem Gerüst steht ein
Lebkuchennikolaus oder "Zwetschkenkrampus". Der Zwetschkenkrampus ist
die österreichische Variante des deutschen Pflaumentoffel, der
eigentlich ein "Feuerrüpel" (Rauchfangkehrer) ist. Bei beiden spießt man
Dörrpflaumen auf Stäbchen, um Beine und Leib zu bilden. Dazu kommen Arme
aus Draht, ebenfalls durch Dörrobst verkleidet, die eine Rute tragen.
Eine Nuss mit aufgemaltem Gesicht ist der Kopf, den Hörner (oder der
Zylinder des Schornsteinfegers) zieren. So wird die Drohfigur des
"Schwarzen Mannes" zu einer schmackhaften Gabe. Im Winter stand
hauptsächlich Dörrobst zur Verfügung.
Gedörrte Birnen ("Kletzen") brauchte man zum "Kletzenbrot".
Sie wurden mit Honig und Nüssen in den Brotteig eingearbeitet.
Die Steinfrucht des echten Walnussbaumes (Juglans regia), war bereits den
alten Griechen und Römern bekannt. Zur Zeit der Kirchenväter fehlte es
nicht an christlichen Deutungen der herben, grünen Haut, der holzigen
Nussschale und des köstlichen Kernes. Vom Fleisch Jesu, das die
Bitterkeit der Passion erleiden musste, vom Holz des Kreuzes und der
Gottheit war die Rede, oder von Fleisch, Knochen und Seele der Menschen.
Zu Weihnachten sind Nüsse auf vielerlei Art brauchbar.
Wohlschmeckend, haltbar und nahrhaft, werden sie roh genossen, in
Backwaren oder zu Basteleien verwendet. Winzige Wachs-Jesulein fanden
in der Nussschale ihre Liegestatt. Vergoldete Nüsse, einzeln oder zu
Ketten und kleinen
Vögeln verarbeitet, zierten den Christbaum. Die Verwendung von Blattgold
erforderte Geschicklichkeit: ein Streichholz wurde in die Schale
gesteckt, um die Nuss halten zu können. Zuckerwasser bildete den
Klebstoff für die hauchdünnen Goldblättchen, die man mit Watte an die
Nuss drückte. Als Ende des 19. Jahrhunderts Glasschmuck in Mode kam,
waren, teilweise echt versilberte, Nüsse unter den ersten Formen.
Auch Beeren aus feinstem Formglas mit Samtblättern, beide in Blau- und
Grüntönen, waren als Christbaumschmuck beliebt.
Der "Nussknacker" kam aus dem sächsisch-thüringischen Weihnachtswunderland.
War Lauscha
das Zentrum der Glasindustrie, so erzeugte man im Erzgebirge
Holzfiguren. Hier ist die Heimat der Nussknacker. Nachdem der ehemals
blühende Zinn- und Silberbergbau seit dem 17. Jahrhundert zurückging,
benützten die Bergleute einen anderen Rohstoff dieser waldreichen
Gegend. Den Umgang mit Holz gewohnt, begannen sie zu schnitzen und
beschickten schon 1613 die Leipziger Messe. Der Nussknacker trägt die
Uniform eines Soldaten oder Polizisten.
Wenn man eine
Nuss in den Mund mit den großen Zähnen steckt, knackt er sie durch
Hebelwirkung auf.
In der feinen Küche und Zuckerbäckerei sind Mandeln als Zutat z. B. für
Mandelbögen beliebt. Mit Rosenwasser und Zucker bilden sie das
Ausgangsprodukt für Marzipan. Das Rezept dafür stammt aus dem vorderen
Orient und soll über Venedig, die Republik des hl. Markus, als "marci
panis" in den Westen gelangt sein. Eine andere Geschichte sagt, dass
sich die Bezeichnung vom arabischen "mauthaban" herleite, wie man um die
erste Jahrtausendwende in Byzanz eine Münze nannte. Die Venezianer
bezeichneten um 1200 ihre erste Groschenmünze "grosso matapane".
"Martzapane" hießen verzierte, kleine Spanschachteln, in denen
man Geld, Schmuck oder Süßigkeiten aufbewahrte wodurch der Name auf die
mit Modeln verzierten Köstlichkeiten übergegangen sei. Seit 1407 stellt
man in Lübeck Marzipan her.
Eine weitere klassische Nikolausfrucht sind Orangen. Sie wurden schon
vor 4.000 Jahren' in China kultiviert, kamen mit Alexander dem Großen in
den Mittelmeerraum und waren auch den Römern bekannt. Danach gerieten
sie hier
in Vergessenheit, im Mittelalter brachten spanische Schiffe bittere
Früchte mit dem arabischen Namen "narandsch" ("Orangen") mit. Die ersten
süßen Orangen kamen im 15. Jahrhundert durch portugiesische Seefahrer
als "Äpfel aus China" ("Apfelsinen") nach Europa. In der Barockzeit
wurde es in den Schlössern Mode, Orangenbäumchen zu züchten, um sich am
Anblick ihrer Blüten zu erfreuen. Zum Überwintern der frostempfindlichen
Pflanzen baute man eigene Orangerien. Erst im 19. Jahrhundert erkannte
man den hohen Vitamin-C-Gehalt der Früchte. Daraufhin entstanden in
Mallorca und Spanien die ersten Plantagen.
Mandarinen, ebenfalls aus China, wurden um 1850 in größerem Stil in
Italien kultiviert. Sie dürften die weltweit ältesten bekannten
Zitrusfrüchte sein. Mandarinen wachsen auf strauchartigen Bäumen und
müssen nach Eintritt der Reife schnell geerntet werden. Aus dem
Mittelmeerraum kommen sie bei uns zwischen Ende November und Anfang
Januar auf den Markt. Schon einige der stark zuckerhaltigen Früchte
decken den Tagesbedarf eines Erwachsenen an Vitamin C.
Weiters fanden sich im Krampussackerl "Aschanti" Die alte
österreichische Bezeichnung für Erdnüsse leitet sich von dem vom 17. bis
ins 19. Jahrhundert bestehenden Aschanti-Reich an der westafrikanischen
Guineaküste ab. Aus diesen Gebieten kamen die Hülsenfrüchte, die in
Frankreich als Öllieferanten dienten. Die Heimat der Erdnuss liegt
wahrscheinlich im heutigen Brasilien, wo sie die Indianer seit
über 3.000 Jahren kultivierten. Nach der Entdeckung Amerikas brachten
spanische und portugiesischen Seefahrer Erdnüsse nach Afrika, Indien und
den Philippinen, von wo sie sich in im Lauf der nächsten 200 Jahre bis
nach China ausbreiteten. In Europa erfolgten Ende des 18. Jahrhunderts
die ersten Anbauversuche in Spanien und Frankreich.
Die Früchte der Dattelpalme waren am persischen Golf
schon vor fünf Jahrtausenden bekannt. Bei uns werden sie besonders im
Herbst und Winter angeboten. Im Bereich der Blattkrone entstehen die
Blütenstände, aus denen sich bis zu
500 Einzelfrüchte entwickeln. Drei bis sieben Zentimeter lang, und bis
zu zehn Gramm schwer, sind sie von einer hellen bis fast schwarz
gefärbten Haut umgeben. In ihrer Heimat sind Datteln für Mensch und Tier
wegen ihres hohen Nährwertes von großer Bedeutung. Sie werden als Brot
der Wüste bezeichnet und verschiedentlich weiter verarbeitet. Palmen
liefern nicht nur Früchte, sondern fast alles, was man dort zum
Überleben braucht, Holz, Fasern, Wedel z. B. zum Dachdecken. Sie sind
das Attribut der Märtyrer und zieren als typische Bäume die
"orientalischen Krippen".
Der vermutlich aus Kleinasien stammende Feigenbaum ist seit mindestens
7.000 Jahren im Mittelmeerraum verbreitet. In der Antike waren frische
oder getrocknete Feigen mit Nüssen ein Grundnahrungsmittel und
wahrscheinlich eine der ersten kommerziell bedeutenden Fruchtarten. Der
Feigenbaum ist - wie Ölbaum oder Weinstock - in der Bibel ein Bild für
das freudige Leben im messianischen Reich. Manche Gemälde zeigen ihn als
Paradiesbaum. Nach dem Sündenfall verhüllen sich Adam und Eva mit
Feigenblättern - vermutlich weil man das hebräische "pag" (Feige)
mit "peccatum" (Sünde) in Zusammenhang brachte, so wie beim Apfel (Pirus
malus) der Name der Frucht an "malum" (Übeltat) erinnerte.
Durchweg positiv besetzt ist jedoch der Granatapfel (Punica granata).
Die immergrünen Bäume, die aus dem Iran stammen und seit langem
kultiviert werden, erreichen ein Alter von 200 Jahren. Das Innere der
Frucht ist durch Membranen unterteilt. Es enthält transparente Säckchen
mit saftigem Fruchtfleisch und Samenkernen, die 52 Prozent des Gewichtes
ausmachen. Der Granatapfel, hierzulande von Oktober bis Dezember
erhältlich, ist reich an Gerbstoffen, Zucker und Vitamin C. Wie der
Apfel galt er in der
Antike als Symbol der Liebe, Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit. Die
Juden sahen im Granatapfel ein Sinnbild der
Eintracht, weil die ledrige Schale viele Kerne umschließt. Der
Hohepriester trug am Saum seines Gewandes Granatapfel-Muster aus
violettem und rotem Purpur und Karmesin, zusammen mit Glöckchen
(Ex 28,33). Das Kranzgesims des Salomonischen Tempels war mit Granatäpfeln
geschmückt. In der mittelalterlichen Mystik und Malerei ging die
Dekoration auf die Darstellung der Madonnen und die Muster der
Messgewänder über.