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Frisch geschnittener Rohling.
Frisch geschnittener Rohling.

Episode X: Stahl#

(Stunden der Wahrheit)#

Von Martin Krusche#

Der Untertitel soll klar machen: eine einzelne Stunde der Wahrheit reicht nicht. Im ersten Moment, wenn der Stahlbarren markiert und in den Schraubstock gespannt wurde, wird wenigstens klar, was auf einen zukommt. Die Säge ansetzen und eine Kerbe schneiden, in der das Sägeblatt dann nicht mehr wegrutscht.

Dahinter tun sich viele Stunden auf, in denen der eigene Körper herausfindet, welche Haltung vor der Werkbank tauglich ist und welche Bewegungsverläufe sich bewähren. Das wird dann beim Feilen des Würfels wesentlich, weil das Werkzeug permanent Kummer macht, wenn man es „schaukelt“.

Die Feile greift nur in der Vorwärtsbewegung und sie sollte möglichst waagrecht geführt werden, um eine plane Würfelfläche zu schaffen, die nicht durch Mulden und Scharten aus Schaukelbewegungen getrübt ist.

Die Exponate und Themen#

Kontext#

So merkt man, wenn man die Arbeitsschritte mit dem Winkelmaß überprüft, daß ein Zehntelmillimeter eine beunruhigende Distanz ist. (Da auch eine elektronische Schiebelehre greifbar ist, denkt man neuerdings sogar über Differenzen in Hundertsteln eines Millimeters nach.)

In dem Abschnitt singt die Säge ganz anders als zuvor.
In dem Abschnitt singt die Säge ganz anders als zuvor.

Das klingt alles ganz banal und unerheblich. Es war etwas leichtsinnig, daß ich mich nun seit Jahren mit verschiedenen Handwerksformen und mit der „Ehre des Handwerks“ befasse, aber nie angenommen hab, ich könnte dabei selbst zum Zug kommen. Menschen aus wenigstens drei Generationen haben mir von diesem Schneiden und Feilen des Stahls erzählt.

Bei allerhand Berufen steht das am Anfang der Lehrlingsausbildung; nicht bloß in der Schlosserei oder in der Autowerkstatt. Auch Elektriker feilen und wer die HTL besucht, kennt diese Mühen. Niemand, der mir davon erzählt hat, fand das erfreulich. Aber alle betonten die Relevanz der Erfahrung.

Meister Franz Lukas (rechts) neben Fotograf Richard Mayr, mit dem ich derzeit am Buch „Wegmarken“ arbeite.
Meister Franz Lukas (rechts) neben Fotograf Richard Mayr, mit dem ich derzeit am Buch „Wegmarken“ arbeite.

Ein Besuch bei Büchsenmacher Franz Lukas brachte mich in die Situation, daß der Meister lächelt und meinte, wenn ich über all das nur reden und schreiben würde, hätte ich eigentlich keine Ahnung. Seine Einladung, daran etwas zu ändern, schlug ich im ersten Moment aus. Dieses Abmühen? Nein danke!

Sie sehen, ich habe schließlich zugesagt. Ich bin zur Hälfte ein leidenschaftlicher Büromensch ohne jedes handwerkliche Geschick. Selbst einen Dübel in die Wand zu versenken, um einer Schraube Halt zu geben, macht mir keine Freude. Außerdem bin ich Mitte 60. Was für ein kurioses Gefühl, in die Rolle des Lehrlings zurückzukehren, dessen bisheriges Wissen bei der neuen Aufgabe nichts nützt.

Sie sehen auf einem der Fotos hier Meister Franz Lukas (rechts) neben Fotograf Richard Mayr. Lukas ist ein leidenschaftlicher Tierfotograf, der vor Jahren die Flinte weggelegt und dafür die Kamera genommen hat. Die beiden Männer sind manchmal gemeinsam auf Foto-Tour, kennen sich also gut.

Ich arbeite mit Mayr derzeit noch am Finish des Buchprojektes „Wegmarken“. Wir sind demnach Akteure eines Feldes, auf dem ein breites Spektrum ganz unterschiedlicher Kompetenzen in manche Wechselwirkungen kommt. Siehe dazu: „Die letzte Tour“ (Phase III des Projektes „Wegmarken“ endet)


  • Alle Fotos: Martin Krusche


Bild 'episode10a'
Bild 'episode10b'
Die Zähne der Bogensäge müssen nach vorne zeigen.
Die Zähne der Bogensäge müssen nach vorne zeigen.