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iit-Themenband – Künstliche Intelligenz 195
nierte Syntax- und Grammatikregeln sowie Wörterbücher der betrachteten Sprache
beherrschte und Sätze Wort für Wort abarbeitete.
Schnell zeigten sich jedoch die engen Grenzen dieser maschinellen Übersetzung.
Ohne jegliche Alltagserfahrung und ohne ein zumindest rudimentäres „Verständnis“
für die Zusammenhänge im Satz oder gar im gesamten Text ist es dem Computer
nicht möglich, Mehrdeutigkeiten aufzulösen. Handelt es sich nicht gerade um einen
Horrorroman, ist jedem menschlichen Leser mit einer gewissen Lebenserfahrung
ohne weiteren Zusammenhang klar, dass für die Aussage „Ich öffnete das Einmach-
glas mit meiner rechten Hand“ kein Blut fließen musste. Zur zweifelsfreien Interpre-
tation des Berichts „Ich traf den Sohn des Nachbarn mit einem blauen Ball“ ist hin-
gegen auch für den Menschen mehr Kontext nötig. Ein Computer ohne Lebenser-
fahrung, der nur einzelne oder wenige Wörter im Zusammenhang betrachtet, muss
hier scheitern.
Die Babel-Fish-Webseite wurde daher weithin berühmt für die Kreation absurder
Aussagen – im deutschen Sprachraum insbesondere für die maschinelle Übersetzung
der Starr-Reporte zur Lewinsky-Affäre des damaligen US-Präsidenten Clinton, die
AltaVista 1998 zuerst stolz direkt auf der Startseite verlinkte. Als die Internetreaktio-
nen klarmachten, dass Übersetzungen wie „Im Verlauf des Flirtings mit ihm hob sie
ihre Jacke in der Rückenseite und zeigte ihm die Brücken ihrer Zapfenunterwäsche.“
(z. B. Strassmann 1998) keine Werbung für den Babel Fish waren, wurde der Text
wieder entfernt. Der Babel Fish konnte dennoch im Jahr 2001 ca. 1,3 Mio. Überset-
zungen pro Tag verzeichnen (Yang 2003). Sein Nutzen war, den Lesenden schnell
und unkompliziert die wesentliche Aussage zu vermitteln, sogenanntes „gisting“ –
nicht einen publizierbaren Text zu generieren.
Bis ins Jahr 2018 hat sich die Qualität der maschinellen Übersetzung durch den Über-
gang zu selbstlernenden Systemen (siehe Einleitung zu Kapitel Technologie „Ent-
wicklungswege zur KI“) zwar deutlich verbessert, die grundlegenden Probleme und
Herausforderungen sind aber die gleichen geblieben. Die Tatsache, dass einem Com-
puter die für die kontextsensitive Übersetzung nötige Alltagserfahrung fehlt, legt
sogar die Vermutung nahe, dass eine zuverlässig fehlerfreie, maschinelle Überset-
zung nie möglich sein wird (Winther Madsen 2009).
Abbildung 10.1 zeigt links eine maschinelle Übersetzung nach dem aktuellen Stand
der Technik eines beliebig ausgewählten Textes aus der New York Times. Der Sinn des
ersten Satzes ist nicht zu entnehmen, da die Doppeldeutigkeit des englischen Wortes
„skate“ (hier eigentlich „Rochen“, nicht „Schlittschuh“) falsch aufgelöst wurde und
„land vertrebrates“ (eigentlich Landwirbeltiere, nicht Landwirt) falsch übersetzt
wurde. Die nachfolgenden Sätze sind jedoch gut verständlich.
Künstliche Intelligenz
Technologie | Anwendung | Gesellschaft
- Titel
- Künstliche Intelligenz
- Untertitel
- Technologie | Anwendung | Gesellschaft
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-58042-4
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 286
- Schlagwörter
- Elektrische Antriebssysteme, Intelligentes Gesamtmaschinenmanagement, Künstliche Intelligenz, Data Mining, Maschinelles Lernen, Deep Learning, artificial intelligence, data mining, machine learning, deep learning
- Kategorie
- Technik
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Inhaltsverzeichnis 15
- A Technologie 18
- B Anwendung 92
- Einleitung: KI ohne Grenzen? 95
- 5. Neue Möglichkeiten für die Servicerobotik durch KI 99
- 6. E-Governance: Digitalisierung und KI in der öffentlichen Verwaltung 122
- 7. Learning Analytics an Hochschulen 142
- 8. Perspektiven der KI in der Medizin 161
- 9. Die Rolle der KI beim automatisierten Fahren 176
- 10. Maschinelle Übersetzung 194
- C Gesellschaft 212
- Ausblick 273
- Anhang 277
- Autorinnen und Autoren 277
- Abkürzungsverzeichnis 286