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iit-Themenband – Künstliche Intelligenz 219
darf: Wer trägt die Verantwortung für Entscheidungen? Was ist überhaupt Verant-
wortung in einem komplexen soziotechnischen System? Dies betrifft das Individuum
sowie die Gesellschaft als Ganzes. Im Umfeld von Arbeit ist es aufschlussreich zu
wissen, wie sich individuelle Kontexte verändern, was überhaupt als „Wert“ mensch-
licher Arbeit zählt und inwiefern KI die sogenannte Arbeitsgesellschaft zu einem
überholten Modell macht. Wenn KI als Kampfansage an etablierte Berufsbilder wahr-
genommen wird, kann man umgekehrt auch fragen, wieso Arbeitslosigkeit ein Pro-
blem und nicht einen Erfolg darstellt – und ob der Fehler eher darin besteht, Arbeit
weiterhin als konstituierenden Wert unserer Gesellschaft zu sehen. Ein ähnlicher
Spiegel wird der Gesellschaft auch im Zuge künstlicher Kreativität (KK) vorgehalten,
wenngleich aus anderer Richtung: Wenn Maschinen kreativ werden, tritt dann der
Mensch eines seiner letzten Hoheitsgebiete an die Technik ab? Wieso ist das über-
haupt problematisch? Verbirgt sich dahinter nicht ein sehr anthropozentrisches Welt-
bild, mit dem Menschen als einzig schöpferischem Wesen?
Nicht jedes der in den Beiträgen dieses Teils vorgestellten Beispiele kann in dieser
Weise zu Grundsatzdiskussionen führen. Es wird jedoch deutlich, dass KI in ihrem
Verhältnis zur Gesellschaft eine besondere Technologie ist. Ihre technische Funktio-
nalität, die von bildhaften Vorstellungen des Menschseins geprägt ist, sowie ihr Ein-
dringen in verschiedenste Gesellschaftsbereiche konfrontieren die Allgemeinheit nur
allzu oft mit sich selbst.
Dabei bleiben die Autorinnen und Autoren der Beiträge dieses Teils nicht bei der
Analyse und Beschreibung der vielfältigen Beziehungen zwischen KI und Gesellschaft
stehen. Vielmehr schauen sie voraus und leiten Möglichkeiten ab, wie Forschung,
Entwicklung und Innovation sozial gestaltet werden können. Die Vorschläge spre-
chen sowohl die öffentliche Regelung von KI im Hinblick auf Forschung und Anwen-
dung an als auch die Wirtschaft bis hin zur einzelnen Person.
Da die Digitalisierung auf dem Weg zu sein scheint, zu einer „Technoreligion“ zu
werden, und die KI in dieser der vorläufige heilige Gral ist, verspricht auch die KI
gleichermaßen Verdammnis und Erlösung. Das Ganze erinnert ein wenig an jene
Diskussion, die im Jahr 1996 mit dem Schaf „Dolly“ ihren Anfang nahm. Auch mit
Blick auf das reproduktive Klonen standen die Zeichen der Debatte alsbald auf Apo-
kalypse. Heute, rund 20 Jahre nach „Dolly“, haben sich die technischen Möglichkei-
ten und mit ihnen die Erfolgsraten des Klonens verbessert. Jedoch hat gleichzeitig ein
breiter Diskurs darüber stattgefunden (und dauert an), welches Leben unter welchen
Voraussetzungen geklont werden darf. Bisher hat der Mensch nicht dazugehört.
Natürlich ist der Vergleich zwischen KI und Klonen nur bedingt tauglich, denn das
Erstellen von Quellcode und Algorithmen für eine KI ist etwas anderes als das Mani-
pulieren von Zellen mit dem Ziel, dass sich diese zu einem vollständigen Menschen
ausdifferenzieren. Aber dennoch verbindet beides die Frage nach der Einzigartigkeit
Künstliche Intelligenz
Technologie | Anwendung | Gesellschaft
- Titel
- Künstliche Intelligenz
- Untertitel
- Technologie | Anwendung | Gesellschaft
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-58042-4
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 286
- Schlagwörter
- Elektrische Antriebssysteme, Intelligentes Gesamtmaschinenmanagement, Künstliche Intelligenz, Data Mining, Maschinelles Lernen, Deep Learning, artificial intelligence, data mining, machine learning, deep learning
- Kategorie
- Technik
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Inhaltsverzeichnis 15
- A Technologie 18
- B Anwendung 92
- Einleitung: KI ohne Grenzen? 95
- 5. Neue Möglichkeiten für die Servicerobotik durch KI 99
- 6. E-Governance: Digitalisierung und KI in der öffentlichen Verwaltung 122
- 7. Learning Analytics an Hochschulen 142
- 8. Perspektiven der KI in der Medizin 161
- 9. Die Rolle der KI beim automatisierten Fahren 176
- 10. Maschinelle Übersetzung 194
- C Gesellschaft 212
- Ausblick 273
- Anhang 277
- Autorinnen und Autoren 277
- Abkürzungsverzeichnis 286