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46 Bildung überdenken • ein globales Gemeingut?
Kasten 8 – Senegal: Erfahrungen mit «Case des Tout-Petits»
In Senegal ist der gesundheitliche und soziale Status der Kinder schlecht, und ihr Schutz stellt trotz
ernsthafter Bemühungen ein grosses Problem dar. Um dieser Situation zu begegnen, betrachten die
nationalen Behörden Senegals heute die frühkindliche Förderung als Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit.
Seit 2002 gibt es neben verschiedenen Strukturen formaler, non formaler und informeller vorschulischer
Bildung ein neues Modell zur Förderung kleiner Kinder, genannt «Case des Tout
Petits». Obgleich noch
Verbesserungspotenzial besteht, stellt dieses Programm eine wertvolle, gemeinschaftliche Erfahrung dar,
die auf den lokalen kulturellen Traditionen basiert.
«Case des Tout Petits» ist eine Struktur auf Gemeindeebene, die Kinder im Alter zwischen 0 und 6 Jahren
unterstützt. Die case, das traditionelle Haus, steht für einen Lebensstil, eine Form von Dasein und Denken
und symbolisiert eine Verpflichtung gegenüber afrikanischen Werten. Die case als lebendige, soziale
Bildungsstätte schlechthin gilt als Ausgangspunkt für das, was das Kind in seinem Leben lernen wird.
Diese cases wurden primär für benachteiligte und ländliche Milieus geschaffen, um ihnen den Zugang
zu adäquaten, integrierten Dienstleistungen zu ermöglichen. Sie werden von Leuten aus der Gemeinde
selber geführt und machen rund 20 Prozent der senegalesischen Strukturen zur frühkindlichen Förderung
aus. Architektonisch handelt es sich bei der «Case des Tout
Petits» um einen sechseckigen Bau mit
zwei Räumen: der eine für den Unterricht der Kinder, der andere für die Elternbildung. Diese Strukturen
erarbeiten einen umfassenden, ganzheitlichen Ansatz zur Förderung der Kinder, der Bildungs , Gesundheit
und Ernährungsprogramme einschliesst.
Die Teilnahme ist zwar nicht kostenlos, aber die Gebühren sind niedriger als bei anderen Strukturen zur
frühkindlichen Förderung innerhalb des formalen Sektors. Die finanzielle Beteiligung ist symbolisch und
erlaubt es den Familien, sich gemeinsam für ein Gemeingut einzusetzen, das der Gemeinschaft gehört und
bei dem erwartet wird, dass es von der Gemeinschaft aufrechterhalten wird.
Quelle: Adaptiert aus Turpin Bassama, S., 2010. La case des tout petits au Sénégal. Revue Internationale d’éducation
de Sèvres. Nr. 53 2010, S. 65–75.
Frühkindliche Förderung: Beispielsweise trifft es auf der Ebene der frühkindlichen
Förderung zu, wo wir eine zunehmende Anerkennung für die grundlegende Be-
deutung früher Interventionen für das zukünftige Lernen und die Lebenschancen
feststellen. Forschungsergebnisse zeigen, dass frühe Interventionen bei kleinen Kin-
d ern nicht nur für ihr eigenes Wohlergehen essenziell sind: Sie haben auch nach-
haltige, langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung des Humankapitals, den ge-
sell schaftlichen Zusammenhalt und den wirtschaftlichen Erfolg. So ist erwiesen,
dass die am stärksten benachteiligten Kinder – deren Benachteiligung unter anderem
auf Armut, die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder sprachlichen Minderheit, Ge-
schlechterdiskriminierung, geografische Abgeschiedenheit, Behinderung, Gewalt
oder HIV/Aids zurückzuführen ist – am allermeisten von hochstehenden früh
kind-
lichen Förderprogrammen profitieren. Trotzdem haben gerade diese Kinder die
Bildung überdenken
Ein globales Gemeingut?
- Titel
- Bildung überdenken
- Untertitel
- Ein globales Gemeingut?
- Herausgeber
- Schweizerische UNESCO-Kommission
- Deutsche UNESCO-Kommission
- Österreichische UNESCO-Kommission
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-033-05613-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 96
- Kategorie
- Geisteswissenschaften