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56 Bildung überdenken • ein globales Gemeingut?
früher Kindheit an begleiten und auf ihrem lebenslangen Lernweg dazu befähigen,
sich weiterzuentwickeln und sich im ständig wachsenden Wissenslabyrinth
zurechtzufinden. Einige sagten angesichts dieser Umstände ursprünglich ein Ende
des Lehrerberufs vor aus. Sie behaupteten, die neuen,
digitalen Technologien würden die Lehrkräfte mit der Zeit
er setzen. Sie würden zu einer grösseren Verbreitung
des Wissens, zu ei
ner besseren Zugänglichkeit und vor
allem zu Geld- und Ressourceneinsparungen angesichts
des enorm erweiterten Zugangs zum Bildungswesen
führen. Wir stellen allerdings fest, dass diese Prognosen
nicht zutreffen: Eine leistungsfähige Lehrerschaft muss
in der Bildungspolitik jedes Landes auch weiterhin ein
Schwerpunkt bleiben.
Verhinderung einer Deprofessionalisierung
der Lehrkräfte
Wenn Bildung zur vollen Entfaltung des Einzelnen und zu
einem neuen Ent wicklungsmodell beitragen soll, dann
kommt den Lehrkräften und anderen Pädagogen nach wie
vor eine Schlüsselrolle zu. Zwar wird im vorherrschenden
Diskurs immer wieder die Bedeutung der Lehrkräfte
betont; doch deuten verschiedene Trends auf einen Prozess der Deprofessionalisierung
der Lehrkräfte sowohl im globalen Norden als auch im globalen Süden hin. Zu
diesen Trends zählen der Zustrom an unqualifizierten Lehrkräften, teils aus Gründen
des Lehrermangels, aber auch aus finanziellen Gründen; eine Prekarisierung im
Bildungswesens durch Auftragsunterricht bzw. Lehraufträge, insbesondere im
Hochschulbereich, wo der Einsatz von Lehrbeauftragten bzw. Assistenten zwecks
Bewältigung der Unterrichtspensen zunimmt; die verringerte Autonomie der Lehrkräfte;
der Qualitätsschwund im Lehrberuf als Folge standardisierter Tests und anspruchsvoller
bzw. aufwändiger Lehrerevaluationen; der Einzug von Managementtechniken der
Privatwirtschaft in den Bildungsinstitutionen; sowie in vielen Ländern festzustellende
Diskrepanzen zwischen der Entlohnung von Lehrkräften und von Fachleuten in anderen
Bereichen.
Aus diesen Gründen müssen wir die Inhalte und Ziele der Aus- und Fortbildung von
Lehrkräften neu überdenken. Die Lehrkräfte müssen darin ausgebildet werden, das Ler-
nen zu fördern, Diversität zu verstehen, inklusiv zu handeln sowie Kompetenzen für das
Zusammenleben und für den Schutz und die Optimierung der Umwelt zu entwickeln.
Sie müssen für eine Unterrichtsumgebung sorgen, die von Respekt geprägt und sicher
ist. Sie müssen Selbstwertgefühl und Autonomie fördern sowie ein breites Spektrum
an pädagogischen und didaktischen Strategien anwenden. Die Lehrkräfte müssen ein
produktives Verhältnis zu Eltern und Gemeinschaften pflegen. Sie müssen als Team
mit anderen Lehrkräften zusammenarbeiten, um Vorteile für die Schule als Ganzes zu
erzielen. Die Lehrerinnen und Lehrer sollten ihre Schüler und deren Familien kennen
Der Lehrer oder die
Lehrerin sollte die
Lernenden von früher
Kindheit an begleiten
und auf ihrem
lebenslangen Lernweg
dazu befähigen, sich
weiterzuentwickeln
und sich im ständig
wachsenden
Wissenslabyrinth
zurechtzufinden.
Bildung überdenken
Ein globales Gemeingut?
- Titel
- Bildung überdenken
- Untertitel
- Ein globales Gemeingut?
- Herausgeber
- Schweizerische UNESCO-Kommission
- Deutsche UNESCO-Kommission
- Österreichische UNESCO-Kommission
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-033-05613-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 96
- Kategorie
- Geisteswissenschaften