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17Einleitung
jedoch nicht aufgelöst, sondern zum Ausgangspunkt der weiteren Annäherung an
dieses medienwissenschaftliche Untersuchungsfeld genommen. Kartiert werden
die Dimensionen sowie die Ambivalenzen, die dem Datenbankbegriff seit dessen
Auftauchen Ende der 1950er Jahre inhärent sind. Im Anschluss wird die These
Manovichs verhandelt, dem zufolge die Datenbank eine symbolische Form der
digitalen Medienkultur konstituiert. Manovichs Text stellt einen, wenn nicht sogar
den zentralen Referenzpunkt der derzeitigen medienwissenschaftlichen Debatte
über Datenbanken dar. Jedoch erweist sich dessen Position als problematisch, da
er verschiedene Aspekte digitaler Datenbanken unsystematisch nebeneinanderstellt
und diese in dem weitgehend unthematisch bleibenden Begriff der symbolischen
Form vermengt. Infolgedessen werden die heterogenen Praktiken der Versamm-
lung von und des Umgangs mit digitalen Informationen in einem vermeintlich ein-
heitlichen Verständnis von Datenbanken homogenisiert. Der auf diese Weise ent-
grenzte Datenbankbegriff verliert jegliches Differenzierungsvermögen. Alternativ
zur Einnahme einer solchen Makroperspektive schlage ich vor, auf der Mikro-
ebene die medialen Konfigurationen zu betrachten, in der Datenbanken auftauchen
bzw. die durch digitale Datenbanktechnologien konstituiert werden. Leitend ist
dabei die These, dass der Datenbankbegriff auf keine einheitliche Form verweist,
sondern vielfältige Technologien der Informationsverwaltung im Computer sowie
heterogene Praktiken mit digitalen Informationssammlungen bezeichnet, deren
Eigenheiten es medientheoretisch zu beschreiben und zu verstehen gilt.
Bevor die konkreten Techniken und Praktiken der Versammlung und Ver-
waltung von Informationen in Datenbanken betrachtet werden, ist der historische
Kontext zu beleuchten, in dem sich die Datenbankidee in den 1950er und 60er
Jahren herausgebildet hat. Im Hintergrund der Entwicklung von Datenbanken steht
das Aufkommen eines abstrakten, generalisierten und reifizierten Informations-
konzepts. Die Genese dieses Konzepts, welches sich in den 1940er Jahren aus der
Nachrichtentheorie und der Kybernetik entwickelt hat, wird im ersten Teil des
Kapitels »Banken, Basen, Reservoirs« in Anlehnung an Katherine Hayles (1999)
und Geoffrey Bowker (1994) nachgezeichnet. Information erweist sich dabei nicht
als uniforme Größe, mit der Computer stets auf die gleiche Weise operieren. Der
abstrakte Informationsbegriff ist vielmehr ein travelling concept, das sich in ver-
schiedenen Gebrauchskontexten auf unterschiedliche Weise konkretisiert.24 Dabei
bildet die abstrakte Vorstellung von Information die Basis für das Imaginäre digi-
taler Datenbanken, welches die realen Möglichkeiten digitaler Informationsver-
waltungstechnologien einerseits zwar stets übersteigt, als Wunschkonstellation die
mediale Praxis mit Datenbanken aber andererseits immer begleitet.25 Im zweiten
Schritt wird anhand verschiedener Modelle der Kommunikation mit Informations-
24 | Zum Begriff des travelling concept siehe Bal (2002).
25 | Auf die Notwendigkeit, digitale Medientechnologien auf die Wünsche und Uto-
pien hin zu befragen, die ihnen eingeschrieben sind bzw. die sie produzieren, hat
Hartmut Winkler in Docuverse hingewiesen (1997a).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242