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bereits 1981 lakonisch kommentiert: »Leute, deren Sache die Medien sind, pflegen
Fragern nach der Bedeutung des Wortes ›Medium‹ zuweilen zu erwidern, darunter
sei manches, nur kein Steak mittlerer Zubereitungsart zu verstehen« (Höfer 1981:
7). Bis heute, so muss man hinzufügen, hat sich hieran kaum etwas geändert. Noch
immer ist nicht geklärt, welche Dinge oder Phänomene aus welchem Grund als
Medium angesprochen werden sollten oder nicht.
Ebenso umstritten wie die Begriffsbestimmungen und Verwendungen sind
die metatheoretischen Diagnosen zum Medienbegriff: Machen sich die Einen fĂĽr
eine Präzisierung der Begrifflichkeit stark, widersprechen die Anderen und stellen
den Nutzen wie auch die Möglichkeit eines solchen Unterfangens infrage. Mat-
thias Vogel empfindet es als einen »mittlere[n] Skandal, als Zeitgenossen des so
genannten Medienzeitalters über keinen tragfähigen Begriff des Mediums zu ver-
fügen« (2003: 107), wohingegen Bernhard Dotzler, Erhard Schüttpelz und Georg
Stanitzek konstatieren: »Nichts scheint dringender, aber nichts wäre auch frucht-
loser, als definieren zu wollen, was Medien eigentlich sind« (2001: 9). Auch Frank
Hartmann schätzt die Erfolgsaussichten medienbegrifflicher Reflexionsarbeit als
gering ein, wenn er behauptet: »Keine noch so ambitionierte begriffliche Formation
lässt uns das Medium als solches begreifen« (Hartmann 2003: 140). Angesichts
derartiger Positionen hat Dirk Baecker der Medienforschung eine »eher unbe-
griffliche Haltung« (Baecker 2008: 131) gegenüber Medien attestiert. Ein Indiz,
das diese Beobachtung untermauert, findet sich bereits zu einer Zeit, als sich die
Medienwissenschaft in Deutschland noch in ihrer GrĂĽndungsphase befand. In
seinem Beitrag zu dem programmatischen Band Ansichten einer kĂĽnftigen Medien-
wissenschaft arbeitet Knut Hickethier zwar zunächst heraus, dass »der kon-
stituierende Begriff des ›Mediums‹ sich immer deutlicher als eine erst noch zu
bestimmende Kategorie erweist – auch wenn alle glauben zu wissen, was damit
gemeint sei« (Hickethier 1988: 51). Jedoch anstelle der sich in den 1980er Jahren
formierenden Medienwissenschaft die Arbeit am Begriff zur Aufgabe zu machen,
zieht er in Zweifel, »ob der Begriff des ›Mediums‹, besser: der ›Medien‹, tatsächlich
eine Basiskategorie der Medienwissenschaft ist« (Hickethier 1988: 51).
Es ist demzufolge umstritten, ob es sinnvoll oder sogar notwendig ist, danach
zu fragen, was Medien sind. Seit Hickethier seine ZurĂĽckhaltung gegenĂĽber dem
Medienbegriff zum Ausdruck gebracht hat, erlebte die Medienforschung jedoch
weltweit einen regelrechten Boom, der sich in Deutschland an der wachsenden
Zahl kommunikations- und medienwissenschaftlich ausgerichteter Institute und
Studiengänge bemessen lässt (vgl. Ruhrmann et al. 2000). Vor dem Hintergrund des
gestiegenen wissenschaftlichen Interesses an Medien erweist sich die fortwährende
Verwirrung um den Medienbegriff als ĂĽberaus problematisch, wie Stefan MĂĽnker
und Alexander Roesler pointiert herausstellen:
»Fatalerweise meinen die meisten, sie meinten das Gleiche, wenn sie den Begriff
Medium verwenden. Dabei droht der Begriff des Mediums […] gerade aufgrund
seiner Popularität und der damit verbundenen, geradezu inflationären Verwendung
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242