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Transparenz, Figur/Grund und blinder Fleck sind drei Weisen die Unsichtbar-
keit von Medien zu denken. Sie fĂĽhren jedoch zu keiner Definition des Medialen,
denn je nachdem, mit welchem dieser Modelle das Verschwinden von Medien in
ihrem Gebrauch erklärt wird, geraten Medien anders in den Blick. Hierin besteht der
heuristische Wert und die analytische Anschlussfähigkeit dieser Modelle, welche
nicht nur unterschiedliche Weisen aufzeigen, in denen Medien in ihrem Gebrauch
hinter das Vermittelte zurücktreten, sondern auch verschiedene Möglichkeiten er-
öffnen, zur Botschaft der Medien zu gelangen. Gemeinsame Basis der Modelle ist
das Ziel, von den vermittelten Inhalten abzusehen und die an ihrer Vermittlung
beteiligten Medien zu thematisieren, weshalb die Seite der Inhalte systematisch ein-
bzw. ausgeklammert wird. Dies resultiert in unterschiedlichen Bestimmungen von
Medien, die jedoch angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, wie vom Inhalt abge-
sehen werden kann, stets unter den Verdacht stehen, das Eigentliche der Medien zu
verfehlen.39 Gemeinsam ist den Modellen zudem, dass sie Medien in der Struktur
Inhalt/Medien situieren. An dieser Struktur gilt es festzuhalten, denn sie ist ein
Grundzug des Medialen, der im Phänomen der operativen Unsichtbarkeit von Me-
dien zum Ausdruck kommt. Bei dem Versuch, den Medienbegriff auĂźerhalb die-
ser Struktur positiv, d.h. in Absehung der Inhaltsseite zu definieren, verschwindet
unweigerlich auch das Mediale. Das Verständnis von Medien als Kommunikations-
mitteln weist sie als das Andere des Inhalts aus. Dieses Andere zu untersuchen und
seine Wirkmacht zu entziffern ist Aufgabe der Medienforschung. Was Medien sind
bleibt im Rahmen dessen jedoch weithin unbestimmt. Durch die Beschreibung des
Anderen von Medien, d.h. von dem, was in, durch und mit Medien zur Erscheinung
kommt, kann aufgrund der relationalen Angewiesenheit von Inhalt und Medien
angegeben werden, dass Medien im Spiel sind. Hierauf läuft die Frage Wann sind
Medien? hinaus.
Das Andere der Medien
Bei der Beantwortung der Frage nach dem Anderen der Medien kann auf eine Reihe
jüngerer Definitionsvorschläge des Medienbegriffs zurückgegriffen werden, welche
sich als anschlussfähig erweisen, da sie bei der Annäherung an den Medienbegriff
systematisch die Seite des Vermittelten in den Vordergrund rĂĽcken. Zu kritisieren
39 | Die operative Unsichtbarkeit von Medien fĂĽhrt nach Ansicht von Boris Groys
unweigerlich zu dem Verdacht, dass bei Betrachtung eines Mediums nicht das
Medium selbst in den Blick gerät, sondern nur der Inhalt eines Mediums: »Der Be-
trachter sieht nur die mediale Zeichenoberfläche [...] – den medialen Träger dahinter
kann er nur vermuten. Das Verhältnis des Betrachters zum submedialen Trägerraum
ist deswegen seinem Wesen nach ein Verhältnis des Verdachts – ein notwendiger-
weise paranoides Verhältnis« (Groys 2000: 19f.). Da dieser Verdacht gegenüber
jedem Modell der medialen Unsichtbarkeit geäußert werden kann, kann eines der
Modelle gegenĂĽber den anderen privilegiert werden.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242