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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Digitale Datenbanken46 Stellung einnimmt (vgl. Wiesing 2005b: 154ff.). Durch den Begriff Genesis werden alle physikalischen Vorgänge bezeichnet, die in der Welt stattfinden. Geltung ver- weist im Unterschied hierzu auf etwas, »das keine physikalischen Eigenschaften hat« (Wiesing 2005b: 155). Jedes physische Ding hat eine Genesis, denn es ist raum-zeitlich situiert, es ist in Kausalzusammenhänge eingebunden, kann im Raum bewegt werden und altert. Dahingegen ist Geltung »ein nicht physikalisch faßbares Etwas, auf das sich Menschen aber dennoch beziehen können« (Wiesing 2005b: 155). Wie Husserl in den Notizen zu seiner phänomenologischen Bildtheorie festgehalten hat, kann das Begriffspaar zur Erläuterung der von ihm eingeführten Unterscheidung von Bildträger und Bildobjekt herangezogen werden (vgl. Husserl 1980: §9). Mit dem Begriff Bildträger bezeichnet Husserl die materielle Seite von Bildern, wie z.B. die Leinwand oder das Fotopapier. In dieser Hinsicht haben Bilder Genesis, denn als Dinge können sie geschaffen werden, altern und auch zerstört werden. Als Bildobjekt bezeichnet Husserl das, was auf bzw. in einem Bild erscheint. Dieses Erscheinende ist der Physik entrückt, es besitzt Geltung. Zwar kann der Bild- träger einer Fotografie altern, vergilben oder beschädigt werden, aber die darauf erscheinenden Bildobjekte können weder altern noch beschädigt werden.42 Anders als in der Alltagssprache meint Geltung nicht Gültigkeit oder An- erkennung. Der Begriff bezeichnet vielmehr die Physik- und Zeitlosigkeit eines Bildobjekts. Husserl verortet den Geltungsbegriff demzufolge nicht auf der Ebene partikularer Aussagen, die gültig oder ungültig sein können, sondern eine Ebene darunter – oder, wenn man so will, darüber – auf der durch Geltung ein Grundzug jeglichen Bedeutens markiert wird. In diesem Sinn fungiert Geltung als seman- tischer Begriff, den Husserl in Analogie zum Begriff Bedeutung setzt: »Das Gemälde ist nur ein Bild für ein bildkonstitutives Bewußtsein, das nämlich einen primären und wahrnehmungsmäßig ihm erscheinenden Objekt durch seine […] imaginative Apperzeption erst die ›Geltung‹ oder ›Bedeutung‹ eines Bildes verleiht« (Husserl 1984: 437). Die spezifische Leistung von Geltung sieht Wiesing in der durch sie er- öffneten Möglichkeit, dass »verschiedene Menschen zu verschiedenen Zeiten nicht nur das gleiche, sondern auch dasselbe denken und meinen« (Wiesing 2005b: 157).43 42 | Zu Husserls Bildtheorie siehe auch Seemann (2000) und Wiesing (2000). 43 | Im ersten Band der Logischen Untersuchungen erläutert Husserl das Konzept der Geltung am Beispiel der Multiplikation 2 x 2 = 4 (vgl. Husserl 1975 [1900]: § 36). Wie Wiesing darlegt, ist die Wahl des Beispiels nicht unproblematisch: »Es sug- geriert, daß Wahrheit und Geltung identisch wären. Doch gerade dies ist nicht der Fall. Es geht erst mal nur darum, daß verschiedene Medien zu verschiedenen Zeiten mit dem Satz dasselbe meinen können. Geltung ist gleichermaßen eine Voraus- setzung für Wahrheit wie auch für Falschheit« (Wiesing 2005b: 156). Dessen un- geachtet ist bemerkenswert, dass Michel Serres seine Kommunikationstheorie ebenfalls an einem Beispiel aus der Mathematik entwirft und hierbei eine ähnliche Unterscheidung trifft wie Husserl: »[W]enn ich ein Quadrat und dessen Diagonale in den Sand zeichne, dann habe ich keineswegs die Absicht, über diese unsicher ge-
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Title
Digitale Datenbanken
Subtitle
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Author
Marcus Burkhardt
Publisher
transcript Verlag
Date
2015
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
392
Category
Informatik

Table of contents

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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