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51Medium
Medien sind demnach sozial etablierte Interpretationsmuster von Ă„uĂźerungs-
handlungen. Eine Ă„uĂźerung, welche Vogel als mediale Konstellation bezeichnet,
setzt sich aus Medienelementen zusammen, die definiert sind als diejenigen »Welt-
zustände oder Ereignisse […], die durch die Performation elementarer medialer
Tätigkeitstypen entstehen oder hervorgebracht werden« (Vogel 2001: 220f.). Der
kompetente Interpret I1 kann – bestimmten, dem jeweiligen Medium spezifischen
Regeln folgend – aus diesen Elementen mediale Konstellationen bilden, die durch
einen anderen kompetenten Interpreten I2 beobachtbar sind und die dieser auf eine
bestimmte Weise interpretiert. Der Gehalt einer medialen Konstellation wird von
Vogel als diejenige Erfahrung definiert, die der Produzent mit der Realisierung der
medialen Konstellation verbindet, bzw. als die Erfahrung, welche die mediale Kon-
stellation beim Rezipienten auslöst (vgl. Vogel 2001: 292).
Ein Medium ist Vogel zufolge eine Ansammlung verschiedener, elementarer
medialer Tätigkeitstypen, deren Performanz beobachtbare Medienelemente her-
vorbringt, die in bestimmten Konstellationen angeordnet der Vermittlung von Sinn
zwischen kompetenten Interpreten dienen. Medien eröffnen somit die Möglich-
keit zu wechselseitiger Verständigung, was jedoch nur möglich ist, weil diese die in
ihnen zulässigen Äußerungen beschränken. Die Gesamtheit derjenigen medialen
Konstellationen, die gemäß den Regeln eines Mediums hervorgebracht werden
können, nennt Vogel den Möglichkeitsraum des Mediums (vgl. Vogel 2001: 223). In
diesem Sinne ist Sprache ebenso ein Medium wie Musik oder jede andere Form
ästhetischer Kommunikation.52
Diese Medien sind Vogel zufolge »nicht primär Dinge, Instrumente, Werk-
zeuge oder Materialien, sondern sie sind primär Mengen von Tätigkeitstypen, die
in einer kommunikativen Praxis etabliert sind und tradiert werden« (Vogel 2003:
130). Zwar bedarf es in jeder Kommunikation physikalischer Ereignisse, die von
den Kommunikanten erfahren werden können, aber diese sind nach Ansicht
Vogels nur notwendig und nicht hinreichend fĂĽr das Zustandekommen von Kom-
munikation. Erst wenn die Kommunikanten ĂĽber gemeinsame Interpretations-
muster verfügen, auf deren Grundlage Äußerungen getätigt werden bzw. anhand
derer die wechselseitig beobachtbaren Kommunikationshandlungen interpretiert
werden, sind die Voraussetzungen fĂĽr eine verstehende Interaktion zwischen den
Kommunikanten erfüllt. Die dies ermöglichenden Medien unterscheiden sich nach
Meinung Vogels nicht nur hinsichtlich der artikulierten Inhalte, sondern stellen
grundlegend verschiedene Formen der Interpretation dar (vgl. Vogel 2005: 174).
52 | Nach Ansicht Vogels basieren die vorsprachlichen Formen der Eltern-Kind-Inter-
aktion ebenfalls auf Medien. Im Prozess des kindlichen Sprachlernens stabilisieren
sich zwischen Eltern und ihren Kinder mehr oder minder feste Ă„uĂźerungstypen und
-muster, »sodass sich für Kinder Vorräte von expressiven Handlungsalternativen
bilden« (Vogel 2003: 124). Diese nennt Vogel Medien, da ihnen ein gewisser Gehalt
zugeschrieben wird, der verstanden werden kann.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242