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Mediale Konstellationen sind das Resultat von Ausdruckshandlungen, welche
Beobachtern respektive Interpreten in Kommunikation gegenĂĽbertreten und die
zwischen Ich und Du, Wir und Sie sowie Ich und Welt vermitteln. Die (wechselseitige)
Bezugnahme auf eine mediale Konstellation vollzieht sich im Modus der Wahr-
nehmung, d.h. mediale Konstellationen mĂĽssen wahrnehmbar sein, damit dem
intentionalen Bewusstsein etwas (das Wahrgenommene) als etwas (Sinn, Bedeutung,
Gehalt, Geltung) erscheinen kann bzw. jemand etwas als etwas interpretieren kann.
Die Wahrnehmbarkeit medialer Konstellationen ist, wie auch Krämer dargelegt hat,
notwendige Voraussetzung für Kommunikation (vgl. Krämer 2008: 18f., 261ff.). Aus
diesem Grund führen mediale Konstellationen phänomenologisch gesprochen stets
ein Doppelleben, denn Wahrnehmung vollzieht sich unter den Bedingungen der
Physik, aber das Wahrgenommene ist den Gesetzen der Physik enthoben, es besitzt
Geltung und damit artifizielle Selbigkeit. Mediale Konstellationen lassen sich in-
folgedessen stets auf zwei Weisen beschreiben: Einerseits als wahrnehmbare Dinge,
die den Gesetzen der Physik gehorchen (Genesis), und andererseits als Entitäten,
die der Physik enthoben sind (Geltung).66 Auch wenn in letzterem Aspekt die spezi-
fische Eigenschaft von Medienprodukten zu sehen ist, welche die Unterscheidung
von Medien und Nichtmedien erlaubt, darf die beschriebene Doppelstruktur me-
dialer Konstellationen medientheoretisch nicht vernachlässigt werden. Denn gerade
im Wechselspiel aus materieller Niederlegung und ideellem Sinn, aus Genesis und
Geltung, manifestiert sich in medialen Konstellationen die von Mersch als zentral
erachtete »›Als-Struktur‹ des Denkens« (Mersch 2006b: 206).
Dies lässt sich exemplarisch an Husserls Bildtheorie verdeutlichen, welche – wie
bereits erwähnt – zwischen Bildträger und Bildobjekt unterscheidet. Neben dem
materiellen Träger des Bildes und dem erscheinenden Bildobjekt verfügen Bilder
Husserl zufolge ĂĽber eine weitere Dimension, die er Bildsujet nennt. Das Sujet ist
dasjenige, worauf ein Bildobjekt verweist: »Das physische Bild weckt das geistige
Bild, und dieses wieder stellt ein anderes: das Sujet vor« (Husserl 1980: 29). Die
Wahrnehmung des Bildes (Bildträger) führt zur Konstitution des Bildbewusstseins,
welches durch eine Paradoxie gekennzeichnet ist. Anders als im Wahrnehmungs-
bewusstsein erscheint das Bildobjekt nicht als etwas Gegenwärtiges, sondern als
etwas Abwesendes. »Das Bild«, so schreibt Husserl, »macht die Sache vorstellig,
ist aber nicht sie selbst« (Husserl 1980: 18). Daher situiert sich das Bildbewusstsein
zwischen dem Wahrnehmungsbewusstsein und dem Phantasiebewusstsein. Bilder
sind perzeptive Phantasien; sie sind in der Wahrnehmung gegenwärtig, doch das
erscheinende Bildobjekt wird als Nichtgegenwärtiges gegenwärtig (vgl. Husserl 1950
[1913]: § 111).67 Hierin besteht Husserl zufolge die Spezifik des Bildbewusstseins, als
Bewusstsein von etwas, das zugleich gegenwärtig und absent ist. Die Wahrnehmung
66 | An dieser Stelle folge ich dem bereits dargelegten Ansatz von Wiesing und
greife dessen Terminologie auf.
67 | Zum Verhältnis von Als-ob-Bewusstsein, Widerstreit und Neutralität in Husserls
Bildtheorie siehe Ferencz-Flatz (2009).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242