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medialer Konstellationen, da Geltung nicht an sich, sondern nur fĂŒr einen Be-
obachter existiert. Der Aspekt der Verkörperung medialer Konstellationen wird
in der Medium/Form-Unterscheidung daher weitgehend ausgeklammert.74 Die
andere Seite des sich in Formen aktualisierenden Sinns bezeichnet Luhmann als
mediales Substrat oder Medium. Das Medium umfasst die Gesamtheit möglicher
Formen, d.h. möglicher Unterscheidungen, die getroffen werden können. Es bildet
den unsichtbaren Horizont der Formbildung. Beobachtet werden kann dieser
Möglichkeitsraum nur mittelbar, denn Medien sind, wie Luhmann herausstellt,
»nur an der Kontingenz der Formbildungen erkennbar [...], die sie ermöglichen«
(Luhmann 1995: 168). In Fritz Heiders Medienkonzept, das er am PhÀnomen der
Wahrnehmung entwickelt, findet Luhmann aber dennoch einen Ansatz, wie dieser
mediale Möglichkeitsraum strukturell zu beschreiben ist.
Heider widmet sich in seinem 1926 publizierten Aufsatz Ding und Medium der
Frage, wie die Wahrnehmung entfernter Dinge möglich ist. Gleichwohl Heider
Psychologe war, richtet sich sein Fokus nicht auf die subjektiven, psychischen
Bedingungen der Fernwahrnehmung. Vielmehr sucht er nach einer ErklÀrung der
Vermittlungsprozesse, die bei der Wahrnehmung entfernter Dinge ablaufen. FĂŒr ihn
ist die Vermutung leitend, dass es »eine fĂŒr das Erkennen maĂgebende Struktur der
AuĂenwelt« (Heider 1926: 110) gibt. Fernwahrnehmung ist nach Ansicht Heiders
deshalb möglich, weil zwischen dem wahrnehmenden Subjekt und der wahrgenom-
duzieren, ohne Koproduktion dessen, was es nicht ist und jede DualitÀt impliziert
TriplizitÀt: Was das Ding ist, was es nicht ist und die Grenze dazwischen« (Spencer-
Brown 1999 [1969]: XVIII).
74 | Mit dem Entwurf der Medium/Form-Unterscheidung als beobachterrelative
Operation werden bei Luhmann die unterschiedlichen Weisen der physischen Ver-
körperung und Vermittlung von Formen nebensĂ€chlich. Medien und Formen bedĂŒrfen
zwar materieller TrÀger, sind aber wesentlich das Resultat beobachterrelativer
Operationen und existieren somit nur fĂŒr Beobachter, die entsprechend der Medium/
Form-Unterschei dung operieren: »Die physikalische Struktur der Welt muà das er-
möglichen, aber die Differenz von Medium und Form ist eine Eigenleistung des wahr-
nehmenden Organismus« (Luhmann 1998: 197). Gleichwohl Luhmann verschie-
dentlich darauf insistiert, dass die Medium/Form-Unterscheidung beobachterrelativ
ist und nicht verdinglicht werden darf, birgt sie, wie Martin Seel herausstellt,
dennoch die Gefahr einer solchen Materialisierung aufgrund ihrer Ăhnlichkeit zur
Materie/Form-Unterscheidung (vgl. 2000: 246, Fn. 3). Auch Maren Lehmann hat
darauf hinge wie sen, dass Luhmanns Medium/Form-Unterscheidung ein Drittes un-
terstellt, »das in einem eher unscharfen Sinne als ein Mittler zwischen zwei Be-
obachtern fungiert, die beiden Beobachter aber im ontologischen Sinne getrennt
lÀsst« (Lehmann 2002: 44). Dass Seels Hinweis auf diese Gefahr berechtigt ist,
wird in Hans-Dieter Hubers Entwurf zu einer allgemeinen Bildwissenschaft deutlich,
der die Medium/Form-Unterscheidung primÀr als eine materiale interpretiert (vgl.
Huber 2004: 55).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen OberflÀche und Tiefe 73
- PhÀnomeno-Technische Konfigurationen 75
- SpielrÀume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: BegriffsklÀrung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen fĂŒr DatenunabhĂ€ngigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242