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Digitale
Datenbanken84
Anwendungen aneinander gekoppelt werden bzw. miteinander interferieren. Diese
Untersuchungsperspektive versucht, das Technische des Computers nicht im RĂĽck-
gang auf immer niedrigere, vermeintlich elementarere Ebenen zu beschreiben. Sie
verbleibt vielmehr bewusst in der Mitte und betrachtet kontingente Software-Hard-
ware-Konfigurationen. Dies ist im Folgenden auszufĂĽhren.
Oberfläche und Tiefe bezeichnen keine qualitativ unterschiedlichen Grade der
Erkenntnis, sondern zwei unterschiedliche Ebenen, auf denen mit medialen Kon-
stellationen operiert wird. Hieraus resultiert, dass sich der menschliche Umgang
mit Computern stets an Benutzeroberflächen vollzieht, die unterschiedliche Mög-
lichkeiten eröffnen, um mit der unsichtbaren Maschine mittels Befehlen zu inter-
agieren.22 Nimmt man dies ernst, muss von der Vorstellung Abschied genommen
werden, dass es mehr oder weniger natĂĽrliche, direkte oder (un-)mittelbare Formen
des Umgangs mit Computern gibt. Der Aufruf von Befehlen ĂĽber eine Kom-
mandozeile ist nicht unmittelbarer als das Anklicken eines Icons auf einer gra-
fischen Benutzeroberfläche (GUI). Kommandozeile und GUI stehen nicht einerseits
fĂĽr den unmittelbaren Umgang mit der Technik und andererseits fĂĽr die Mittelbar-
keit von Interfaces. Beide sind gleichermaßen Oberflächen, die auf unterschiedliche
Weise den Umgang mit der unsichtbaren Maschine strukturieren.23 Sie setzen ein
unterschiedliches »Können im Blick auf die Kopplungen von Oberfläche und Tiefe«
(Luhmann 1998: 305) voraus.
Ebenso wie an unterschiedlichen Oberflächen auf verschiedene Weise mit
der unsichtbar in der Tiefe operierenden Maschine interagiert werden kann, gibt
es unterschiedliche Grade des Könnens, die beiden Ebenen miteinander zu ver-
koppeln. Diejenigen, die mit Computern auf der Ebene von sogenannten maschinen-
nahen Programmiersprachen, d.h. Assemblersprachen, umgehen können, verfügen
über eine größere Kompetenz, den Computer einzusetzen. Durch die Oberfläche/
Tiefe-Topologie wird jedoch infrage gestellt, dass man mehr darüber erfährt, wie
sich Computer in unsere kommunikative Welt einschreiben, wenn man sie auf der
Ebene maschinennaher Programmierung oder der Hardwaretechnik beobachtet.
Computern muss nicht auf den Grund gegangen werden, um zu verstehen, wie diese
22 | Luhmann fordert uns dazu heraus, in einer fĂĽr sein Denken ĂĽber Medien nicht
untypischen contra-phänomenologischen Anstrengung, Oberfläche und Tiefe als von-
einander entkoppelt zu betrachten. In Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation
sah Luhmann zunächst davon ab, dass Kommunikation stets vonstatten geht und
funktioniert, um sich die Unwahrscheinlichkeit des Funktionierens (Verstehen,
Erreichen, Erfolg) von Kommunikation vor Augen führen zu können (Luhmann 1991:
26). Auf ähnliche Weise werden Oberfläche und Tiefe im Rahmen der medialen
Topologie des Computers zunächst als voneinander entkoppelt betrachtet, obwohl
beide Ebe nen systembedingt immer schon miteinander verkoppelt werden.
23 | Im Anschluss an Sherry Turkle können die Befehlseingabe in Kommandozeilen
sowie die Interaktion mit GUIs als unterschiedliche Ästhetiken des Computerge-
brauchs verstanden werden (vgl. Turkle 1998: 52ff.).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242