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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Computer 113 die Pluralisierung der Wissensordnungen an den Benutzeroberflächen ist. Um dies zu veranschaulichen, zieht er das Bild eines ungeordneten Blätterhaufens heran, der Weinberger als Gegenmodell zum Porphyrianischen Baum des Wissens dient (vgl. Weinberger 2008: 82f. und 198). Obwohl die Diagnose zutrifft, dass sich mit dem Aufkommen digitaler Medientechnologien die Möglichkeiten zur Ordnung und Umordnung von Informationen vervielfacht haben, ist das gewählte Bild des un- geordneten Haufens medientheoretisch irreführend. Der Pluralität von Wissens- ordnungen an den Oberflächen der Computerbildschirme steht nicht die technisch verbürgte Unordnung von Informationen in der Tiefe der Computernetzwerke gegenüber; es handelt sich vielmehr um die Verknüpfung von und Übersetzung zwischen Ordnungen. Das World Wide Web, Suchmaschinen, Wikipedia, Datenbanken, soziale Netzwerke, soziale Taggingsysteme, das Semantic Web etc. stellen Informations- infrastrukturen bereit, die auf unterschiedlichen Niveaus ansetzen, verschiedenen Logiken folgen und auf unterschiedliche Weise an bestehende Ordnungen an- schließen. Die Frage ist demzufolge nicht, wie Ordnungen aus einer ungeordneten Vielfalt von Informationen heraus entstehen, sondern wie unterschiedliche Ord- nungen im Bereich digitaler Medien aneinander angeschlossen werden, wie sie ineinander übergehen respektive übersetzt werden und wie neue Ordnungen im Rahmen bestehender Ordnungen entstehen. Zu fragen ist hierbei aber auch nach den Beschränkungen, die bestimmte Informationsinfrastrukturen den in ihnen gespeicherten Informationen auferlegen, sowie nach den Inkompatibilitäten und Übersetzungsproblemen zwischen verschiedenen Formen der Speicherung und der Handhabung von Informationssammlungen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die von Weinberger beschriebene Unordnung digitaler Informationen als eine spezifische Ordnungsform, die sich dadurch auszeichnet, anschließbar an andere Wissensordnungen zu sein. Das Bild des ungeordneten Blätterhaufens suggeriert demgegenüber die Vorstellung, dass die in der Tiefe von Computern versammelten medialen Konstellationen als reine Informationen vorliegen, die beliebig verarbeitet, geordnet und kombiniert werden können. Auf eine ähnliche Vorstellung rekurriert Moritz Baßler in seinem Entwurf einer textualistischen Methode der Kulturforschung, zu deren praktischen Umsetzung er die Entwicklung von digitalen Volltextdatenbanken vorschlägt.81 Als Archiv der Texte einer Kultur bildet die Datenbank die Basis der kulturwissenschaftlichen Suche nach »Äquivalenzstrukturen oder Paradigmen« (Baßler 2005: 198), die durch 81 | Baßler vertritt einen relativ weiten Textbegriff, den er wie folgt definiert: »Ein Text ist eine Repräsentation, die man analysieren kann« (Baßler 2005: 111). Um analysiert werden zu können, müssen Texte gespeichert sein. Dies ist das entschei- dende Kriterium für Texte, weshalb für Baßler die gesprochene Sprache keinen Text darstellt, aber eine Tonaufnahme oder ein Verkehrsschild seines Erachtens schon (vgl. Baßler 2005: 111f.).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Title
Digitale Datenbanken
Subtitle
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Author
Marcus Burkhardt
Publisher
transcript Verlag
Date
2015
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
392
Category
Informatik

Table of contents

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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