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Links explizit gemacht werden sollen.82 Ein Link zwischen Texten erhält hierbei
den »Status einer kulturwissenschaftlichen These, die etwa lautet: An dieser Stelle
besteht zwischen zwei Texten eine kulturelle Assoziation« (Baßler 2005: 315). Durch
die Explikation impliziter Verbindungen wird es nach Ansicht Baßlers möglich, die
untersuchten Texte in ihren Kontext einzubetten und so die Diskurse freizulegen,
die zu bestimmten Zeiten in Kulturen virulent waren bzw. sind. Da das Finden dis-
kursiver Ordnungen das Ziel kulturwissenschaftlicher Suchoperationen ist, dürfen
die in der Datenbank versammelten Texte Baßler zufolge keiner signifikanten Ord-
nung unterliegen, die diese im Vorhinein »mit Indices des Verstanden-Habens«
(Baßler 2005: 179) versehen würde.83 Die vorhergehende Festlegung einer Ord-
nung sowie die Privilegierung bestimmter Suchoperationen haben »bereits den
Charakter von Interpretationen des Archivs, sie schreiben Ergebnisse archivana-
lytischer Operationen in das Archiv selbst ein« (Baßler 2005: 324). Daher fordert
Baßler, dass die kulturwissenschaftliche Datenbank »als ein erweiterbares Archiv
bloßer Volltexte« (Baßler 2005: 324f.) zu realisieren sei, in dem diese in eine reine
82 | Das theoretische Zentrum von Baßlers, dem New Historicism verpflichteten
Methode der Kulturforschung bildet das Archiv, wodurch er »die Summe aller
Texte einer Kultur, die einer Untersuchung zur Verfügung stehen« (Baßler 2005:
196), bezeichnet. In der Forschungspraxis sei das Archiv als digitale Datenbank
zu realisieren. Baßler konzipiert seinen Archivbegriff in Abgrenzung zur kultur-
wissenschaftlichen Archivdebatte, die seines Erachtens den Fokus einseitig auf
die Gewordenheit von Archiven legt: »Im Unterschied zu anderen Archiv-Begriffen,
die ein Archiv bereits als Ergebnis einer Auswahl als etwas Zustandegekommenes,
als Verwaltungs- und Machtinstrument und darüber hinaus als etwas immer schon
Geordnetes, Hierarchisiertes« (Baßler 2005: 181). Die Archive der Kultur wissen-
schaft seien demgegenüber als bloße Textsammlungen zu kreieren, in denen es
keinen grundlegenden Unterschied zwischen dem einzelnen Texten und dem Archiv
gibt: »Archive sind, wie Texte, gespeicherte, lesbare, synchrone Gebilde; der einzige
Unterschied besteht darin, daß man Texte liest, aber in Archiven liest« (Baßler
2005: 199). Zur kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Archiv
als Untersuchungs- und Reflexionsgegenstand sei auf die Beiträge verwiesen, die
in dem von Knut Ebeling und Stephan Günzel (2009a) herausgegebenen Band
Archivologie versammelt sind.
83 | Die Charakteristika des kulturwissenschaftlichen Archivs beschreibt Baßler wie
folgt: »Das Archiv, um das es mir geht, darf ja gerade kein hierarchisch geordnetes,
bereits mit Indices des Verstanden-Habens versehendes sein, sondern müßte zu-
nächst rein nebenordnend angelegt werden und die unterschiedlichsten, bei seiner
Anlage nicht antizipierten Suchbefehle zulassen. Zugespitzt wäre es also durch aus
›sans ordre et sans ordre‹ zu denken« (Baßler 2005: 179). Der Autor stellt sich
damit explizit gegen die von Derrida in Dem Archiv verschrieben entwickelten These,
dass es ein Archiv ohne eigene Ordnung und Anordnung nicht geben könne (vgl.
Derrida 1997a: 17; Baßler 2006).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242