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Digitale
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Tradition der Sammlung von Informationen: Bibliotheken, Museen, Archive,
Enzyklopädien sowie Registraturen und Karteien von Verwaltungen etc. lassen sich
als Informationssammlungen und daher als Datenbanken begreifen.3
Konsequenterweise führt das Computer Science for Fun Magazine in einem
möglicherweise nicht ganz ernst gemeinten, aber dennoch bemerkenswerten
Beitrag die Etymologien des Isidor von Sevilla aus dem 7. Jahrhundert nach Christus
als einen Kandidaten für die historisch erste Datenbank an:
»One contender for building the first database is Saint Isidore of Seville, 1,400
years ago. His 20-volume book called Etymologiae aimed to be an encyclopaedia
of all knowledge covering subjects like grammar, geometry, law, military history,
agriculture, public games and even furniture.
Etymologiae was structured in a way very similar to a modern database, hence
his claim to be the creator of the first database. He drew his information from
a vast number of sources, however accepted the ›facts‹ within, unquestioningly.
Etymologiae was therefore very much like the web – he included both reliable and
unreliable information for his readers to choose from, as a search engine might for
you.« (Anonymus 2005: 5)
Mit dem Verweis darauf, dass eine der ursprünglichen Funktionen von Schrift in der
Sammlung von Informationen bestand, geht Rüdiger Weingarten noch einen Schritt
weiter und verfolgt die Vorgeschichte digitaler Datenbanken bis zu den Anfängen
der Schrift (vgl. 1994: 159).4 Digitale Datenbanken übersetzen diese traditionellen
Sammlungen jedoch in einen anderen medientechnischen Kontext und remedia-
3 | Weingarten weist hierauf hin, wenn er Computerdatenbanken in die Tradition
vordigitaler Sammlungsformen stellt: »Bereits vor der Einführung des Computers
existierten daher in hohem Maße ausdifferenzierte und professionalisierte schrift-
liche Dokumentationssysteme. Karteisysteme, Aktenablagesysteme, Registraturen,
Archive, Bibliotheken und Kataloge bilden die wichtigsten schriftlichen Texttypen,
die auf verschiedenen Ebenen die Voraussetzungen für die Einführung eines elektro-
nischen Dokumentationssystems schafften« (Weingarten 1994: 159).
4 | Weingarten stellt diesbezüglich heraus: »Eine der ältesten Funktionen der Schrift
bildet wahrscheinlich das Speichern geordneter Daten. Von Beginn an gab es den
schriftlichen Text als Liste, als Aufzählung einzelner Fakten nach einem bestimmten
Ordnungssystem. Der lineare Text mit seiner narrativen Struktur, seiner Beziehung
zu fortlaufenden Ereignisfolgen und Denkprozessen, dürfte dagegen ein jüngeres
Ergebnis der Schriftgeschichte sein. Bereits in den protoschriftlichen Systemen,
den Zählsteinen der Altsteinzeit und ihrer späteren Verwahrung in versiegelten Ton-
gefäßen, den bullae, wurden die kognitiven Grundlagen für ein schriftliches, listen-
förmiges Dokumentationssystem geschaffen« (Weingarten 1994: 159).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242