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Datenbank 139
distinguishes digital databases from their analog predecessors is their inherent
possibility for the retrieval and filtering of data in multiple ways« (Paul 2007: 96).
Damit wird die Beschreibung der Datenbank als Form kulturellen Ausdrucks um
einen wichtigen Aspekt ergänzt. Wurde die Datenbank bisher vor allem als eine
spezifische Präsentationsweise von Informationen diskutiert, geraten vor dem
Hintergrund der Frage nach der spezifischen Leistung digitaler Datenbanken die
Formen des Informationszugriffs und der Informationsverarbeitung ins Blick-
feld. Hierbei wird fraglich, ob die Erzählung die geeignete Kontrastfolie bzw. das
passende Gegenmodell zur Datenbank ist. Sofern digitale Datenbanken neuartige
Formen des Umgangs mit Informationssammlungen ermöglichen, sind sie mit vor-
digitalen Praktiken der Versammlung von und des Umgangs mit Informationen zu
vergleichen und mit diesen in Beziehung zu setzen.
Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Datenbank, verstanden als Ausdrucks-
form, bezeichnet sowohl die Formen der Präsentation von Informationssamm-
lungen als Sammlungen an der Benutzeroberfläche als auch die Formen des
nutzerseitigen Umgangs mit Datenbanken. Von Interesse sind dabei nicht die kon-
kreten technischen Verfahren der Speicherung, Auswahl und Sichtbarmachung
von Informationen, sondern deren Präsentation an der Benutzeroberfläche sowie
die dem Nutzer durch verschiedene Interfaces eröffneten Möglichkeiten, mit In-
formationssammlungen umzugehen. Die phänomenologische Beschreibung der
Datenbank als Ausdrucksform wird in Manovichs Text von einem zweiten Daten-
bank begriff ĂĽberlagert, der die Datenbank mit den in der unsichtbaren Tiefe des
Computers gespeicherten Informationen gleichsetzt. Infolgedessen erscheint die
Datenbank als Grund- und Tiefenstruktur digitaler Medienobjekte.
Die Datenbank als Tiefenstruktur digitaler Medienobjekte
Die Datenbanklogik zeigt sich Manovich zufolge nicht nur in der Art und Weise,
wie Informationen auf der Benutzeroberfläche zur Erscheinung kommen, sondern
auch darin, wie mediale Konstellationen in der unsichtbaren Tiefe des Computers
materialisiert werden. Um dies zu erläutern, greift er auf die Unterscheidung von Syn-
tagma und Paradigma zurĂĽck, die Manovich der Semiotik Ferdinand de Saussures
und Roland Barthes entlehnt (vgl. Manovich 2001: 230).41 Als Syntagma wird die
tatsächliche Zusammenstellung von Sprachzeichen bestimmt, wie Saussure in den
Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft (1931) darlegt. Besonderes Augen-
merk liegt dabei, so Saussure, auf den Beziehungen, die Worte »infolge ihrer Ver-
kettung beim Ablauf irgendwelcher Aussagen« (Saussure 1931: 147) eingehen. Dies
beruhe »auf dem linearen Charakter der Sprache […], der es unmöglich macht, zwei
41 | Manovich fĂĽhrt die Unterscheidung von Syntagma und Paradigma ein, um die
Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen Erzählung und Datenbank näher zu
beleuchten (vgl. Manovich 2001: 230). Hierbei ändert sich jedoch seine Perspektive
auf Datenbanken und damit das Verhältnis zwischen Datenbanken und Erzählungen.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242