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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Banken, Basen, Reservoirs 165 prozessierte, ist sie unter den Bedingungen des elektronischen Gehirns nun zur Fragenden geworden, die die im Computer gespeicherten Informationen richtig zu durchsuchen weiß.29 Die allwissende Bibliothekarin wird damit zur kompetent Suchenden. Der Computer jedoch ist das vermeintliche Gehirn, welches wie von Geisterhand Antworten auf die an ihn gerichteten Anfragen ausgibt. Damit zeigt der Film nicht nur ein versöhnliches Ende, sondern zeichnet auch das Bild einer damals noch fernen Zukunft. In Desk Set kommt demzufolge weniger die technische Realität zum Vorschein, als vielmehr das Imaginäre der Informationsverarbeitung. Denn existierende Computer waren damals noch weit davon entfernt, das leisten zu können, was der Film als deren Leistungsvermögen ausstellte. Und auch heute sind wir manchen der im Film dargestellten Visionen erst wenige Schritte näher gekommen. So formuliert Miss Watson natürlichsprachliche Anfragen an den Computer, die dieser zu verarbeiten und zu beantworten weiß, und sofern eine Frage nicht präzise genug gestellt war, fordert EMMERAC sogar die Präzisierung der Anfrage ein. Kurz vor Ende des Films, als bereits klar ist, dass EMMERAC nicht installiert wurde, um die Bibliothekarinnen der Forschungsabtei- lung zu ersetzen, wird Miss Watson von einem Anrufer vor die schwierige Frage gestellt, wie schwer die Erde sei. Langsam in EMMERAC keine Konkurrenz, sondern ein Werkzeug sehend, tippt sie die Frage »What is the total weight of the earth?« in das Schreibmaschineninterface des Computers ein, woraufhin EMMERAC die Anfrage piepend verarbeitet und nach kurzer Zeit über den Drucker etwas ausgibt, das Sumner zum Lachen bringt, sodass Miss Watson nachfragt: »Watson: What’s the matter? Sumner: It’s asking you a question. Watson: What’s the question? Sumner: With or without people?« (Lang 1957: 94:41) Diese spitzfindige Reaktion von EMMERAC versöhnt Miss Watson mit der Maschine.30 Die ausgestellte Raffinesse von Computern war und ist noch immer weitgehend Wunschvorstellung. Entscheidend aber ist, dass Computer im Film nicht als leistungsfähige Rechenmaschinen vorgeführt werden, sondern als inter- aktive Informationsmaschinen, die der Speicherung großer Informationsmengen 29 | Dies spiegelt sich in der Etymologie des Wortes Computer wider. In den 1920er und 30er Jahren wurden Frauen in Forschungseinrichtungen Computer ge- nannt, die repetitive Rechenaufgaben erfüllten. Mit der Einführung elektronischer Rechenmaschinen ging diese Bezeichnung von den rechnenden Frauen auf die rechnende Maschine über (vgl. Light 1999; Grier 2005; Skinner 2006). Dass der EMMERAC-Computer auch weiblich konnotiert wird, indem Sumner diesen liebevoll Emmy nennt, unterstreicht dies. 30 | Die Überwindung ihrer Vorbehalte bringt Miss Watson zum Ausdruck, indem sie EMMERAC als »Good girl. Good girl.« hätschelt (Lang 1957: 94:49).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Title
Digitale Datenbanken
Subtitle
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Author
Marcus Burkhardt
Publisher
transcript Verlag
Date
2015
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
392
Category
Informatik

Table of contents

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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