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Banken, Basen, Reservoirs 179
ich? als Suchmaschine interpretiert (vgl. Gugerli 2009: 19ff.). Bei seiner Analyse der
zwischen 1955 und 1989 von Robert Lembke moderierten Spielshow stehen weniger
die Potenziale des interaktiven Frage- und Antwortspiels für das Information
Retrieval im Vordergrund, als die normierende und normalisierende Funktion, die
durch eine Suchmaschine vom Typ Was bin ich? bewirkt wird. Normal ist, wenn
man über einen eindeutig benenn- und zuweisbaren Beruf verfügt, der im Rahmen
des Spiel erraten werden kann (vgl. Gugerli 2009: 21).44 Obwohl es sich bei dem von
Gugerli analysierten Beispiel um eine Fernsehshow handelt, lässt sich hieran ein
wichtiger Aspekt der Kommunikation mit digitalen Datenbanken freilegen. Wird
in Was bin ich? eine stabile Zuweisung von Person und Beruf hergestellt, geht es bei
der Suche in digitalen Datenbanken um die Verknüpfung von Frage und Antwort.
Normierung ist hierbei sowohl Strategie zur Lösung dieses Zuweisungsproblems
als auch sein Effekt. Das gemeinsame Versprechen der Spielshow sowie der Daten-
bank ist, dass etwas gefunden werden kann; der Beruf einer Person einerseits und
Informationen andererseits.
Der Zugriff eines Informationssuchenden auf die Datenbank operiert mit
zwei Unbekannten: den potenziell auffindbaren Informationen und der internen
Wissensordnung der Datenbank, die das Finden von Informationen zwar er-
möglicht, aber das Suchen zugleich unter Regeln stellt.45 Gefunden werden kann nur
im Rahmen der durch die digitale Suchtechnologie zur Verfügung gestellten Mög-
lichkeiten, weshalb es, wie Weingarten hervorgehoben hat, notwendig ist, dass der
Nutzer »sein Informationsbedürfnis zunächst nach den Maßgaben der Systematik
der Datenbank reformuliert« (Weingarten 1994: 169). Der interaktive Umgang mit
einer digitalen Datenbank ermöglicht es dem Nutzer, seine Anfragen sukzessive der
Logik der Black Box anzunähern. Verfügt der Informationssuchende über keinerlei
Vorwissen im Umgang mit der digitalen Suchtechnologie, sind die Möglichkeiten
der interaktiven Annäherung an die interne Datenbanklogik in der Regel jedoch
sehr beschränkt. Hierauf hat Roger Summit hingewiesen:
»It occurred to me that we should be able to simply parse the plain text statement of
a query and match those words against a database of textual citations, identify the
44 | Gugerli entwickelt die These, dass Lembkes Spielshow eine konservative Ant-
wort auf »die dramatischen Veränderungen in der Berufswelt der sechziger und
siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts« (Gugerli 2009: 22) war, wobei die eindeutige
Zuweis barkeit eines Berufs zu einer Person als gesellschaftlicher Normalzustand
vorgeführt wurde: »Sendung für Sendung, Gast um Gast sollte die doppelte Gewißheit
darüber erzeugt werden, daß sich jeder ›normalen‹ Person eine Berufstätigkeit
zuweisen ließ und daß sich dabei die Zeugen dieses Zuweisungsprozesses ihrer
eigenen beruflichen Normalität versichern durften« (Gugerli 2009: 24).
45 | Die Wissensordnung der Datenbank wird durch die Regeln der Übersetzung von
Bedeutung in syntaktische Strukturen sowie durch die hieran anschließenden Verar-
beitungsroutinen bestimmt.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242