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Banken, Basen, Reservoirs 193
ist es unerheblich, ob Floridis These einer kritischen Erörterung standhält.77 Es ist
vielmehr bedeutsam, dass die Thematisierung von Information über Realität zu
anderen theoretischen Fragestellungen fĂĽhrt, als die Betrachtung von Information
als Realität.
Bei Information für Realität tritt schließlich der Wirkungsaspekt in den Vorder-
grund. Es ist Information, welche die Realität verändert oder eine neue Realität her-
vorbringt. Auch Information für Realität bedarf der Verkörperung von Information
als Realität, jedoch informiert diese nicht vorrangig über etwas, sondern zu etwas.
Hierbei ist es unwichtig, ob diese Information an Menschen, CPUs oder Zellen
gerichtet ist. Information für Realität dient als Bauanleitung oder als Programm,
welches abgearbeitet werden muss, um zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen.
Der Bedeutungsaspekt geht somit im Wirkungsaspekt auf, da die Bedeutung von
Information für Realität ihre Wirkung ist.
An der Darstellung der drei Typen von Information respektive Informations-
theorien, die Floridi unterscheidet, ist deutlich geworden, dass sie weitreichende
Parallelen zur Binnendifferenzierung von Information entlang der drei Zeichen-
ebenen Syntax, Semantik und Pragmatik aufweisen. Diese Ă„hnlichkeiten sind
jedoch nur vordergrĂĽndig und dĂĽrfen nicht ĂĽber den tiefgreifenden konzeptionellen
Wandel hinwegtäuschen, für den sich Floridi stark macht. Syntax, Semantik und
Pragmatik dienen Floridi gerade nicht dazu, um unterschiedliche Aspekte frei-
zulegen, die Informationen stets innewohnen, sondern der Differenzierung ver-
schiedener Typen von Information, in denen sich die Frage nach Syntax, Semantik
und Pragmatik auf eine je eigene Weise stellt und jeweils unterschiedlich zu be-
antworten ist. Damit tritt die Pluralität unserer informationellen Umwelt in den
Vordergrund und die Frage nach der Vermittlung und der Ăśbersetzung zwischen
unterschiedlichen Typen von Information. Wer sich beispielsweise mit Information
über Realität befasst, ist notgedrungen auch mit Fragen der Syntaktik beschäftigt.
Die Antworten hierauf sind jedoch andere als bei der Auseinandersetzung mit
Information als Realität. Das bedeutet nichts anderes, als dass es einen irreduziblen
Unterschied zwischen Shannons Informationstheorie und beispielsweise einer
Grammatik der deutschen Sprache gibt. Ebenso wird mit dieser Unterscheidung
nicht angezweifelt, dass Information über Realität eine praktische Wirkung haben
kann. Die Konsequenzen, die Informationen über Realität zeitigen, sind diesen
nicht inhärent und infolgedessen kann »[d]er pragmatische Informationsgehalt
eines Zeichens [...] für zwei Empfänger ganz unterschiedlich sein, während der
semantische annähernd identisch ist« (Ott 2004: 33).
Die Anerkennung der Pluralität und Heterogenität von Information, infor-
mationellen Praktiken und Informationstheorien entlastet philosophisch von
der Notwendigkeit, die Aspekte der Syntax, Semantik und Pragmatik einheitlich
77 | Es ist umstritten, inwiefern das von Floridi vorgebrachte Wahrheitskriterium
fĂĽr die Konzeptualisierung semantischer Information zentral ist; siehe hierzu exem-
plarisch Pimiero (2009) und Cornelius (2004).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242