Page - 245 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Image of the Page - 245 -
Text of the Page - 245 -
Techno-Logik 245
Beispiel des relationalen Datenmodells dargelegt, das spätestens seit Anfang der
1980er Jahre de facto der Standard der Informationsmodellierung in DBMS ist.
Dabei hat sich das relationale Datenmodell gegenüber dem hierarchischen Daten-
modell und dem Netzwerkdatenmodell durchgesetzt. Das relationale Datenmodell
entfaltet eine mediale Eigenlogik, die besonders gut im Kontrast zum Netzwerk-
datenmodell sichtbar wird. Vor dem Hintergrund der Analyse des relationalen
Datenbankparadigmas werden weitere Modi der Herstellung computer-lesbarer
Signifikanz betrachtet: Websuchmaschinen einerseits und das Semantic Web
andererseits.
Das relationale Paradigma
Algorithmen als geregelte Prozeduren zur automatischen Lösung von Problemen und
Repräsentationen als Formen der Verkörperung digitaler Informationen sind nicht
unabhängig voneinander, sondern stehen in einem wechselseitigen Bedingungs-
verhältnis. Dies hat einen Einfluss auf die Konstruktion und den Gebrauch von digi-
talen Datenbanken. Wenn in den vorangegangenen Abschnitten die Bedeutung der
Drei-Ebenen-Datenbankarchitektur und des konzeptuellen Schemas herausgear-
beitet wurde, sollen im Folgenden Verfahren der Modellierung von Information im
konzeptuellen Schema beschrieben werden. Denn im Kontext von verschiedenen als
Datenmodelle bezeichneten Modellierungsverfahren nimmt die Automatisierung
der elementaren Datenbankoperationen, d.h. des Speicherns, Abfragens, Verän-
derns und Löschens von Informationen, unterschiedliche Gestalt an. Der in den
1970er Jahren ausgetragene Konflikt zwischen den Befürwortern der verschiedenen
Datenmodelle richtete sich demzufolge nicht nur auf die formalsemantische Aus-
drucksstärke der unterschiedlichen Modellierungsverfahren. Diskutiert wurde
auch, wie Nutzer mit Datenbanken interagieren können sollen und welche Rolle
in diesem Zusammenhang den Administratoren von Datenbanken respektive den
Programmierern von Datenbankanwendungen zukommen soll. Bevor das rela-
tionale Datenmodell im Detail analysiert wird, soll dessen Siegeszug in den ver-
gangenen 30 Jahren in einem kurzen Abriss dargestellt werden – auch um deutlich
zu machen, warum dieses Modell gegenwärtig zunehmend verdrängt wird.
Im Lauf der 1980er Jahre setzten sich das von Edgar F. Codd entwickelte rela-
tionale Datenmodell und die darauf aufbauende Datenbanksprache SQL als Stan-
dards der Modellierung und Verwaltung von Informationssammlungen in digi-
talen Datenbanken durch. Nicht unmaßgeblich hierfür war die Markteinführung
des Oracle V2-Datenbankmanagementsystems (1979) und von IBMs DB2 (1983).57
Diese Systeme bewiesen durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit die praktische Leis-
tungsfähigkeit des relationalen Ansatzes, wodurch dem bis dahin eher theoretisch
57 | Oracle V2 und IBM DB2 waren die ersten kommerziellen relationalen DBMS
(rDMBS). Zuvor wurde bei IBM das experimentelle DBMS System R entwickelt und
an der Universität Berkeley das rDBMS Ingres.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242