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Digitale
Datenbanken250
Der Suchpfad kann vom Computer nicht automatisch gefunden, sondern muss
gegenüber dem Datenbanksystem definiert werden, was nach Ansicht von Bachman
nicht von den Nutzern der Datenbank zu leisten sei, sondern eine Programmier-
aufgabe darstelle. Bei der Suche nach Informationen in der Datenbank bedarf es
demzufolge der Vermittlungsinstanz des Programmierers, der Suchpfade deklariert
und hierdurch Formen von Suchanfragen festlegt, die überhaupt gegenüber einer
Datenbank formuliert werden können. Ein Beispiel für eine solche Anfrageform ist:
»Finde alle Alben, welche die Band X bei dem Musiklabel Y herausgebracht hat!«
Der Nutzer kann die Variablen X und Y der Suchroutine anpassen, die Form der
Suche vermag er ohne weitreichende Kenntnisse des Informationsmodells jedoch
nicht zu ändern. An der Oberfläche erweist sich die Suche in Netzwerkdatenbanken
daher als bloße Variation von Parametern für Suchroutinen, die unsichtbar in der
Tiefe ablaufen und deren Semantik vordefiniert ist.
Das Hauptproblem des Netzwerkdatenmodells und seiner Suchlogik ist, dass
sich in dem Datenbanksystem nicht formulieren lässt, was gesucht wird. Ohne
die Übersetzung eines Informationsbedürfnisses in eine Findroutine kann in der-
artigen Datenbanken nicht gesucht und nichts gefunden werden. Dass diese Über-
setzungsleistung im Rahmen des Netzwerkdatenmodells nur von Programmierern
vollbracht werden kann, hat Bachman wahrscheinlich zu Recht vermutet. Seine
Überzeugung, dass die effiziente Suche in digitalen Datenbanken prinzipiell eines
menschlichen Navigators bedarf, hat sich jedoch als falsch erwiesen. Der Gegen-
beweis wurde in den 1980er Jahren erbracht, als sich relationale Datenbanksysteme
in der Praxis zunehmend bewährten. Die theoretischen Grundlagen hat Codd mit
der Formulierung des relationalen Datenmodells gelegt, welches den Umgang mit
Informationen in Datenbanken als mengentheoretisches Problem begreift.
Grundbegriff des von Codd entwickelten Datenmodells ist die Relation, der
einen besonderen Typus von Mengen bezeichnet. Eine Relation ist eine Menge von
(Unter-)Mengen, die Tupel genannt werden. Jedes Tupel einer Relation ist eine Zu-
sammenstellung von Elementen, wobei alle Tupel dieselbe Struktur aufweisen. Dies
wird auch in der von Codd zugrunde gelegten Definition deutlich, in der Tupel als
Gruppierung von Elementen aus Wertebereichmengen beschrieben werden:
»Given sets S1, S2,..., Sn (not necessarily distinct), R is a relation on these n sets if it
is a set of n-tuples each of which has its first element from S1, its second element
from S2, and so on. We shall refer to Sj as the jth domain of R.« (Codd 1970: 379)
Die in Tupeln zusammengefassten Elemente (Informationspartikel) beziehen sich
im relationalen Datenmodell auf eine Entität, über die sie informieren. Da die kon-
krete Anordnung der Werte in einem Tupel für den Nutzer irrelevant sein soll,
muss den Elementen des Tupels ein Typ zugewiesen werden, der es erlaubt, diese als
Attribut einer Entität und damit als Information mit einer bestimmten Bedeutung
zu adressieren. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Codds Begriff der Relation von
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242