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Digitale
Datenbanken268
unklar, ob und in welchem Maß Google die Linktopologie des Web noch immer
zur Relevanzbewertung von Webseiten heranzieht. Dementsprechend mag der
PageRank-Algorithmus heute überholt sein. Das an diesem Beispiel erläuterte
Prinzip der algorithmischen Herstellung von computer-lesbarer Signifikanz ist es
jedoch nicht.
An Websuchmaschinen zeigt sich eine alternative Weise der operativen Ver-
schaltung von Informationsmodellen und Algorithmen. Googles Webtable dient
als Metastruktur der algorithmischen Zuschreibung von Bedeutung im Sinn von
Relevanz. Zwar liegt auch der Webtable ein Informationsmodell zugrunde, welches
die in der Datenbank gespeicherten Informationen als bestimmte Informationen
adressierbar und damit verarbeitbar macht. Im Kontext von Websuchmaschinen
ist dies jedoch nur die Voraussetzung für die anschließende algorithmische Aus-
wertung der Informationen zum Zweck ihrer Relevanzbewertung. Demgegenüber
wurde im vorangegangenen Unterkapitel zum relationalen Paradigma dargelegt,
dass relationale Datenbanken digitale Informationen gemäß einem vordefinierten
Informationsmodell verwalten. Auch wenn dies grundsätzlich zutreffend ist, gilt
es die Gegenüberstellung von Datenbanken einerseits und Websuchmaschinen
andererseits mit einer Einschränkung zu versehen. Zwar operieren relationale
Datenbanken stets auf der Basis eines Informationsmodells. Dieses kann jedoch
ähnlich wie bei Websuchmaschinen als Metastruktur für die algorithmische Zu-
schreibung von Bedeutung fungieren.
Welche Rolle Datenbanken in der medialen Praxis spielen, lässt sich dem-
zufolge nicht allein an dem Datenmodell ablesen, auf dem eine Datenbank beruht.
Vielmehr ist im Kontext partikularer Informationssysteme, z.B. Suchmaschinen,
zu beobachten, wie Datenbanken darin operativ werden. Auch relationale Daten-
banken können in Informationssystemen derart gebraucht werden, dass die in
ihnen gespeicherten Informationen auf der Ebene des Informationsmodells der
Datenbank, dem konzeptuellen Schema, zwar eine Bedeutung haben, diese aber
von den Bedeutungen verschieden ist, die auf der Ebene des Informationssystems
von Interesse sind und prozessiert werden. Ein Beispiel hierfür sind Social Tagging-
Systeme, welche die nutzerseitige Beschreibung digitaler Objekte mit Schlagworten
erlauben, ohne dass sich die Bedeutung der Schlagworte im Informationsmodell
der Datenbank widerspiegelt. Hierbei bildet die relationale Datenbank nicht das
Informationssystem, sondern ist Teil einer »Infrastruktur der Bedeutung« (Wein-
berger 2008: 205). Da im Rahmen eines Tagging-Systems der Sinn der von den
Nutzern vergebenen Tags gegenüber der Datenbank nicht explizit gemacht wird,
bedarf es algorithmischer Auswertungsverfahren, um den Tags eine Bedeutung bei-
zumessen. Das bekannteste Beispiel hierfür sind Tag Clouds, in denen vergebene
Schlagworte entsprechend der Häufigkeit ihrer Verwendung angeordnet bzw.
dargestellt werden. Hieraus lassen sich Tendenzen in der Beschreibung digitaler
Medienobjekte ablesen, thematische Zusammenhänge erschließen oder Interessen
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242