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Techno-Logik 271
bereitgestellten Suchfunktionalitäten basieren auf relativ »einfachen statistischen
Verfahren, die keinerlei Verständnis der Inhalte durch die Suchmaschine voraus-
setzen« (Dopichaj 2009: 113). Websuchmaschinen sind, so der Kern der Kritik,
keine semantischen Technologien, die Informationen hinsichtlich ihres Gehalts
differenzieren. Ob sich die Zeichenfolge Golf auf ein Automodell, eine Meeres-
bucht oder eine Sportart bezieht, ist fĂĽr rein schlagwortbasierte Suchmaschinen
gleichgültig. In Anbetracht der großen Menge an potenziell zugänglichen Infor-
mationen kann sich dies jedoch als problematisch erweisen. Seit Ende der 1990er
Jahre wird daher verstärkt an Computertechnologien gearbeitet, die die auto-
matische Verarbeitung von Sinn im WWW ermöglichen. Paradigmatisch dafür ist
die Idee des Semantic Web, die von Tim Berners-Lee formuliert und als Vision des
kĂĽnftigen Web popularisiert wurde (vgl. Berners-Lee/Fischetti 1999; Berners-Lee et
al. 2001).109 Das Ziel des Semantic Web ist es, im Internet publizierte Informationen
technisch nicht nur auf dem Niveau von Realität, sondern als Information über
Realität verarbeitbar zu machen: »To date, the Web has developed most rapidly as
a medium of documents for people rather than for data and information that can
be processed automatically. The Semantic Web aims to make up for this« (Berners-
Lee et al. 2001: 37). Konnte der Sinn von Internetinformationen bis dahin nur von
menschlichen Akteuren erschlossen werden, soll dieser mithilfe des Semantic Web
fortan auch von Computern verarbeitet werden können. Die Grundlage bildet die
Explikation der Bedeutung von Information in Form von Metadaten, wodurch der
implizite Sinn in explizite Informationen ĂĽbersetzt wird. Um dies zu realisieren,
wurden vom World Wide Web Consortium (W3C) eine Reihe von abstrakten
Datenmodellen entwickelt, die es erlauben, unterschiedliche Sinndimensionen
formal zu spezifizieren.110
109 | Wie Blumauer und Pellegrini in ihrer Darlegung zentraler Begriffe und Unter-
scheidungen des Semantic Web feststellen, sind die Begriffe semantische Tech-
nologie und Semantic Web nicht miteinander gleichzusetzen. Beim Semantic Web
handelt es sich um einen bestimmten Typus semantischer Technologien. Insofern
dient die Bezeichnung semantische Technologien als Oberbegriff fĂĽr Technologien
des Sinns: »Während das Semantic Web im Kern auf Standards zur Beschreibung
von Prozessen, Dokumenten und Inhalten sowie entsprechenden Metadaten – vor-
wiegend vom W3C vorgeschlagen – aufsetzt, und damit einen Entwurf für das In-
ternet der nächsten Generation darstellt, adressieren semantische Technologien
Herausforderungen zur Bewältigung komplexer Arbeitsprozesse, Informations-
mengen bzw. Retrieval-Prozessen und Vernetzungs- oder Integrationsaktivitäten, die
nicht nur im Internet, sondern auch innerhalb von Organisationsgrenzen in Angriff
genommen werden« (Blumauer/Pellegrini 2006: 20).
110 | Ein Überblick über die Aktivitäten des W3C zum Semantic Web findet sich auf
der Webseite des Konsortiums unter www.w3.org/standards/semanticweb/ (zuletzt
aufgerufen am 14.09.2013).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242