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Digitale
Datenbanken280
bleibt den Nutzern der Webseite verborgen. Das Web of Data wird in der Black Box
domänenspezifischer Anwendungen unsichtbar.
Hierin besteht ein Unterschied zu generischen Anwendungen, die es den
Nutzern ermöglichen, mit allen im Web of Data verfügbaren Informationen zu
interagieren. Generische Anwendungen verbergen das Web of Data nicht in der
Tiefe des Computers, sondern machen es durch ihre Benutzerschnittstelle an der
Oberfläche sichtbar. Die Möglichkeit derartiger Anwendungen wird von Heath
und Bizer mehrfach herausgestellt und sogar zu einem Wesenszug von Linked Data
stilisiert: »The use of Web standards and a common data model make it possible
to implement generic applications that operate over the complete data space.
This is the essence of Linked Data« (Heath/Bizer 2011: 5). Den durchaus großen
Erwartungen und Hoffnungen entsprechen erste prototypische Anwendungen, die
die Interaktion mit dem Web of Data am Modell des Webbrowsers und am Modell
von Websuchmaschinen umzusetzen versuchen (vgl. Heath/Bizer 2011: 86f.). Es ist
jedoch fraglich, ob Browser und Suchmaschine die geeigneten Modelle für die Inter-
aktion mit dem Web of Data darstellen. In Bezug auf den Disco – Hyperdata Browser
(vgl. Bizer/Gauß 2007), der das hypertextuelle Navigationsprinzip des traditionellen
Web direkt auf das Web of Data überträgt, stellen Heath und Bizer fest: »Structured
data, however, provides human interface opportunities and challenges beyond those
of the hypertext Web« (Heath/Bizer 2011: 86). Vor ähnlichen Herausforderungen
stehen Linked Data-Suchmaschinen, wie z.B. Sig.ma (www.sig.ma), die den Nutzern
die schlagwortbasierte Suche erlauben. Als Ergebnis werden nicht nur Links zu
Ressourcen zurückgegeben, die dem Suchkriterium entsprechen, sondern auch
ein Überblick über die dort verfügbaren Informationen. Angeordnet werden diese
Informationen nach Attributen und nicht nach Relevanz. Darin besteht jedoch ein
zentrales Leistungsmerkmal von Websuchmaschinen, die Orientierung im Web er-
möglichen, indem sie die Aufmerksamkeit der Nutzer steuern. Ein Äquivalent bei
Linked Data-Suchmaschinen gibt es noch nicht.
Weder das Modell des Browsers, noch das Modell von Websuchmaschinen
lassen sich in einfacher Weise auf das Web of Data übertragen und so stellt die
Frage nach einem brauchbaren und nutzerfreundlichen generischen Interface die
zweite zentrale Herausforderung dar. Dies hat Ora Lassila, der neben Berners-Lee
ebenfalls als ein Vordenker des Semantic Web zählt, bereits 2007 in einem Blog-
eintrag herausgestellt: »[M]ost of the remaining challenges to realize the Semantic
Web vision have nothing to do with the underlying technologies involving data,
ontologies, reasoning, etc. Instead, it all comes down to user interfaces and usability«
(Lassilia 2007).
Wie lässt sich also die hier entwickelte Perspektive auf Datenbanktechnologien
zusammenfassen? Ein angemessenes Verständnis der technischen Logik der Ver-
sammlung, Verwaltung und Verfügbarmachung von digitalen Informationen in
und mit Computern verlangt eine differenzierte Betrachtung auf drei Ebenen: der
Apparatur, der Architektur und der Verfahren. Ausgehend von der Betrachtung
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242