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329Schluss
Metamodell der Informationsmodellierung in Datenbanken im engen Sinn von
Datenbankmanagementsystemen (DBMS) dient. Die ANSI/X3/SPARC-Daten-
bankarchitektur entwirft den Informationsfluss zwischen Nutzer und Datenbank
als zweifachen Übersetzungsprozess zwischen Oberfläche und Tiefe, d.h. jener im
Kapitel »Computer« im Anschluss an Luhmann entwickelten medialen Topologie,
in deren Rahmen sich die Medialität des Computers entfaltet. Im Rahmen dieser
Drei-Ebenen-Architektur werden die externen Gebrauchslogiken der Nutzer
durch die EinfĂĽhrung einer Mittel- und Mittlerebene weitgehend von der internen
Speicherlogik des Computers entkoppelt. Diese Zwischenebene bildet das kon-
zeptuelle Schema, in dem das Informationsmodell der Datenbank formal expliziert
ist.
Durch die strukturierte Speicherung von Informationen gemäß einem Informa-
tionsmodell – dem konzeptuellen Schema – machen Datenbanken im engen Sinn
von DBMS Informationen als Information adressierbar. Dies konnte im An-
schluss an Cassirer als eine Weise der ErschlieĂźung der Welt und somit als eine
kultur technische Form der symbolischen Formung in und mit Computern be-
schrieben werden. Das konzeptuelle Schema expliziert die Bedeutung, die digi-
talen Informationen implizit ist, indem es eine Struktur vorgibt, in die sämtliche
Informationen eingeordnet werden mĂĽssen. AnknĂĽpfend an einen Begriffsvor-
schlag Luciano Floridis kann diese Strukturierung von Datenbankinformationen
als Übersetzung von Information über Realität in Information als Realität ver-
standen und beschrieben werden. Dadurch wird die computertechnische Ver-
waltung und Verarbeitung von Bedeutung ermöglicht.3 Die formale Explikation
eines Informationsmodells legt dabei fest, was in einer Datenbank als Information
zählt und infolgedessen im Rahmen eines solchen Informationssystems Informa-
tion ist. Die Grenzen des konzeptuellen Schemas bedeuten somit die Grenzen der
Welt, ĂĽber die eine Datenbank informiert.4 In diesen Grenzen zeigt sich die Politik,
die Informations- und Datenmodellen innewohnt. Eine hierauf abzielende Kritik
darf jedoch nicht vergessen, dass das konzeptuelle Schema durch diese Begrenzung
zugleich einen Weltausschnitt »von einer neuen Seite her sichtbar« (Cassirer 2009
[1930]: 44) und für vielfältige mediale Praktiken anschlussfähig macht.
Der Explikation impliziter Bedeutungen sind enge Grenzen gesetzt, sodass
Computer nie die, sondern stets nur eine mögliche Bedeutung von Informationen
verwalten und verarbeiten können. Infolgedessen steht die computertechnische
Verwaltung und Verarbeitung von Datenbankinformationen in einem Spannungs-
3 | Die Strukturierung von Information ist, wie im Kapitel »Banken, Basen, Reservoirs«
(S. 202f.) herausgestellt wurde, nur eine Form der Ăśbersetzung von Information
über Realität in Information als Realität, von der die Auszeichnung von Informa-
tion mittels Markup zu unterscheiden ist.
4 | Diese Formulierung ist an Ludwig Wittgensteins berĂĽhmten Ausspruch angelehnt
»Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt« (Wittgenstein
1984 [1921]: Satz 5.6).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Title
- Digitale Datenbanken
- Subtitle
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Author
- Marcus Burkhardt
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 392
- Category
- Informatik
Table of contents
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242