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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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337Schluss Timeline, welche sämtliche Aktivitäten eines Nutzers in einem vertikalen Zeit- strahl arrangiert und somit als Chronik seiner selbst präsentiert (vgl. Simanowski 2012a: 21f.).13 Hinter Timeline verbirgt sich das Versprechen, dass Nutzer ihre ge- samte Vergangenheit fortan auf Facebook organisieren und erinnern können. Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat dies bei der öffentlichen Vorstellung der Timeline auf der Entwicklerkonferenz F8 auf den Punkt gebracht: »All your stories, all your apps and a new way to express who you are« (Zuckerberg 2011: 16:20). Der Utopie eines universellen digitalen Archivs steht auf der anderen Seite die Dystopie des totalen Vergessens gegenüber. Denn das »Gedächtnis« digitaler Speichertechnologien ist relativ kurzlebig. Verschiedenen Schätzungen zufolge über- dauern Daten in Digitalspeichern kaum mehr als 30 Jahre (vgl. Loebel 2007: 510f.). Auch die dauerhafte Verfügbarkeit von geeigneter Hard- und Software, um digitale Medienobjekte beispielsweise von Disketten oder CD-ROMs auslesen, öffnen und darstellen zu können, stellt eine Herausforderung dar. In Anbetracht dessen kon- statierte der Archivierungsexperte Jeff Rothenberg bereits 1995 lakonisch: »Digital information lasts forever – or five years, whichever comes first« (Rothenberg 1995: 42). Ein ähnliches Problem diskutiert Stewart Brand, der in Escaping the Digital Dark Ages die Entwicklung von Strategien einfordert, um das Erbe digitaler Kul- turen dauerhaft zu bewahren.14 Brand beschreibt die Situation mit dramatischen Worten: »there has never been a time of such drastic and irretrievable information loss as right now« (Brand 1999: 46). Die Kurzlebigkeit digitaler Informationen zeigte sich zur Jahrtausendwende auch im WWW. So bezifferte Peter Lyman die durchschnittliche Lebensdauer einer Webseite auf 44 Tage (vgl. Lyman 2002: 38). Unter der Bedingung dynamischer und personalisierter Webangebote erweist sich die Frage nach der Lebensdauer von Webseiten mittlerweile sogar als weitgehend sinnlos. In Reaktion auf die Kurzlebig- keit von Webinhalten wurde bereits 1996 die gemeinnützige Organisation Internet Archive gegründet, die seither versucht, das gesamte Web zu archivieren. Der An- spruch des Internet Archive ist umfassend, wie im Banner der Webseite archive.org zu lesen ist: »Universal access to all human knowledge«.15 Doch das Bestreben, allen 13 | Da es Facebook seinen Nutzern erlaubt, Inhalte und Ereignisse aus der Timeline auszublenden, wäre zudem der Aspekt des Selbstmanagements zu bedenken, den Ramón Reichert bei seiner Analyse von Amateurkulturen im Netz hervorgehoben hat (vgl. 2008: 37ff.). 14 | Mit der Warnung vor einem bevorstehenden »digital dark age«, von dem man aufgrund der Flüchtigkeit digitaler Information künftig kein Gedächtnis mehr ha- ben werde, stützt sich Brand auf Danny Hillis, der diese Gefahr erstmals 1998 konstatiert hat (vgl. Brand 1999: 46f.). 15 | Die folgende Betrachtung des Internet Archive beschränkt sich ausschließlich auf das Webarchiv. Darüber hinaus verfügt das Archiv über eine große Sammlung an Texten, Audio-Mitschnitten, Musik, Filmen und Software. Registrierte Nutzer können an diesem Archiv mitwirken, indem sie Dokumente hochladen und diese
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Title
Digitale Datenbanken
Subtitle
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Author
Marcus Burkhardt
Publisher
transcript Verlag
Date
2015
Language
German
License
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
392
Category
Informatik

Table of contents

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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