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Mobilisierung und Krieg 068
en und seinen Mitläufer Montenegro entsendet wurden.« (  S. 321  ) Durch diese Konzen-
tration auf die »Strafexpedition« gegen Serbien erfolgten tatsächlich militärstrategisch
fragwĂĽrdige Weichenstellungen, die in weiterer Folge nur mehr mit hohem Aufwand
revidiert werden konnten.
Da man an eine kurze Dauer des Krieges glaubte, wurden zudem die besten Mann-
schaften und erfahrensten Führungskräfte gleich zu Beginn der Mobilisierung einberu-
fen und an die Front geworfen. Die Folge war, dass die gut ausgebildeten Truppentei-
le bereits zu Beginn des Feldzuges in Galizien regelrecht aufgeopfert wurden und nach
den groĂźen Verlusten, die die Armee der Donaumonarchie in den ersten Schlachten erlit-
ten hatte, keine adäquaten Reserven mehr verfügbar waren, um die Ausfälle zu ersetzen.
Die »Angriffshast« der Infanterie
Die Russen gingen demgegenĂĽber auch strategisch nach moderneren Methoden vor. In
»Österreich-Ungarns letzter Krieg« ist zu lesen, welche verheerende Wirkung die veralte-
te Ausbildung des Militärs der Donaumonarchie auf dem Schlachtfeld hatte: »Dem Zu-
sammenwirken von Infanterie und Artillerie wurde in der Theorie und bei den Ăśbungen
zweifellos zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, die Bedeutung der Artillerie als Weg-
bereiterin des eigenen Infanterieangriffes und als Schirmerin in der Abwehr wohl unter-
schätzt. [  …  ] Unter den Kampfformen wurde bei der Ausbildung dem ›Angriff um jeden
Preis‹ der Vorzug gewährt. Dies galt ebenso für die theoretische Schulung, wie für das
Kriegsspiel und die Übungen im Gelände. Keine Armee der Welt ist darin weiter gegan-
gen. Die abstoßende Wirkung moderner Feuerwaffen und die Stärke des verschanzten
Gefechtsfeldes wurde [  …  ] viel zu wenig in Rechnung gestellt. Dieser Grundzug der Frie-
densausbildung kostete dem Heere in den Einleitungsschlachten viel wertvolles Blut. Die
Infanterie stürmte wie auf dem Manöverfelde, ohne die Wirkung der eigenen Artillerie
abzuwarten, auf den Feind los. Es dauerte geraume Zeit, bis die Truppen und vor allem
die FĂĽhrung aus den blutigen Erfahrungen die entsprechende Nutzanwendung zogen.
Bei jenen war dann allerdings in einzelnen Fällen auch eine gewisse Angriffsmüdigkeit
die Folge.« (  S. 34  ) In Bezug auf die Schlacht bei Rawa Ruska schreiben die Autoren: »Lei-
der hatte die öst.-ung. Infanterie die ihr im Frieden anerzogene Angriffshast noch immer
nicht aufgegeben. Sie stĂĽrmte rastlos, ohne die Wirkung ihrer Artillerie abzuwarten so-
wie die Zusammenarbeit mit Nachbarabteilungen vernachlässigend, und sah sich dann
nicht selten dem zähen, beharrlichen, kriegserfahreneren Feinde und seinen Gegenun-
ternehmungen preisgegeben.« (  S. 285  )
Tatsächlich war auch Rolfs Einheit von der mangelnden Kommunikation zwischen Ar-
tillerie und Infanterie betroffen, wie Rolf wiederholt in seinen Tagebucheintragungen ver-
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine KĂĽnstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
- Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273