Page - 142 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Kriegsgefangenschaft 142
Jahr 1925 ein renommiertes Einrichtungshaus unter der gleichen Bezeichnung grĂĽnde-
te: »Haus und Garten«. Auffallend ist das konventionelle Schriftbild, das Rolf bei seiner
Skizze wählte, hatte er bei seinen Entwürfen vor dem Krieg doch stets eine moderne,
secessionistische Type bevorzugt. (  Farbabb. 14  )
In einigen Blättern zeigt Rolf Variationen bestimmter architektonischer Details. So vari-
iert er etwa mehrmals die Anordnung von Fenstern innerhalb unterschiedlicher Fassaden
oder er stellt verschiedene Ăśberlegungen zur Formulierung einer immer gleichen Haus-
ecke an. Auch die Gestaltung von verschiedenen Arkadengängen interessierte ihn. In ei-
ner Skizze konzipierte Rolf etwa mächtige KaPitelle, die ihre Form allem Anschein nach
durch die Schalung von Eisenbeton erhalten sollten. Diese Idee, eine klassische Formulie-
rung im wahrsten Sinn des Wortes in eine neue Form »zu gießen«, hat Josef Plecnik bei
der Krypta der Hl.-Geist-Kirche in Wien 16 bereits in den Jahren 1911–1913 erprobt, indem
er den Stahlbeton dort in einen gänzlich neuen und für viele Zeitgenossen schockieren-
den Gestaltungszusammenhang einbettete. Möglicherweise lernte Rolf den etwas jünge-
ren Kollegen Plecnik im Atelier Otto Wagners kennen, wo dieser auch am Stadtbahnpro-
jekt beteiligt war. Da Rolf an der Verarbeitung von Stahlbeton schon frĂĽh groĂźes Interesse
zeigte und Plecniks Kirche als erster Kirchenbau Wiens, der in diesem neuen Material aus-
gefĂĽhrt wurde, viel Aufsehen erregt hatte, kann jedenfalls davon ausgegangen werden,
dass Rolf die Kirche kannte und noch vor dem Krieg besichtigt hatte. (Abb. 62 und 63)
Nicht nur die Arbeit mit Stahlbeton, sondern auch der Sichtziegel fand Rolfs besonde-
res Interesse. Insbesondere die Kombination dieser beiden Materialien sollte ihn während
seiner ganzen Architektentätigkeit beschäftigen, während der im ausgehenden 19. Jahr-
63 J. Plecnik, Hl.-Geist-Kirche, 1911–1913,
Krypta62
Kapitelle aus Eisenbeton
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine KĂĽnstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- ArchitekturentwĂĽrfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Ăśbergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen fĂĽr uns 230
- Sehnsucht nach Ă–sterreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273