Page - 209 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Das architektonische Werk 209
führung mehr als ein Jahr; aber es ist Alles nach Wunsch ausgefallen und gab bei dem
ganzen Bau keinen einzigen Anstand.«49
Nachdem Rolf, wie er sich ausdrückte, mit wenig »künstlerisch befriedigenden« Ar-
beiten, d. h. vor allem Bauausführungen, beschäftigt war, bekam er im Jahr 1927 end-
lich wieder einen Auftrag, der sein innovatives Geschick herausforderte. Es galt näm-
lich, für die Firma Siemens ein Büro- und GeschäftsGeBäude mit großem Schauraum
für eine Zweigstelle in Tientsin zu errichten. (Abb. 90) Auch dieser Entwurf, den Rolf mit
dem früheren Partner Felix Skoff ausführte, zeigt Rolfs Bereitschaft, traditionelle Ele-
mente aufzugreifen, ohne jedoch sein Bekenntnis zur Moderne zu verleugnen. Mittels
einer Reihe von Dachgaupen wird wieder vor allem das Dach Ort romantischer Rück-
besinnung. Auffallendstes Merkmal ist jedoch die große Rundung, die das an der Kreu-
zung von zwei Straßen situierte Gebäude erfuhr. Während die dekorlosen Seitenfassaden,
nur durch große Fenster und schlichte, gerade Fensterüberdachungen gekennzeichnet,
gleichsam die Moderne widerspiegeln, bildet das Rund des Gebäudes mittels dekora-
tiver Elemente das repräsentative Entree. Die Rundung erstreckt sich über drei Fenster-
achsen, im obersten Geschoß erhielten die Fenster Parapete mit geometrischen Dekor,
das erste Stockwerk ist durch ein Gesims getrennt, und zwischen den Fenstern sind Pi-
laster ausgebildet, die mit Beleuchtungskörpern besetzt sind. Der Eingangsbereich er-
laubt durch zwei große Rundbogenfenster den Einblick in den Schauraum, in der Mitte
liegt der ähnlich gestaltete Eingang. (Abb. 91)
49 Das Spital ist heute nicht mehr in Betrieb, das Gebäude wurde mehrmals umgebaut und spä-
ter für andere Zwecke adaptiert.
90 Büro- und
Geschäftsgebäude Fa.
Siemens, Tientsin, ca.
1927
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Subtitle
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Author
- Inge Scheidl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 292
- Keywords
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Category
- Biographien
Table of contents
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273