Page - 875 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
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Rechts-
wissenschaft
im 17./18. Jh.
Rechts-
wissenschaft
in Tirol
Christine Lehne/Erika Kustatscher
Rechtswissenschaft
FĂĽr die Rechtswissenschaft des 17./18. Jhs. hat sich die Bezeichnung usus moder-
nus Pandectarum („moderner Gebrauch der Pandekten“) eingebürgert. Darunter
versteht man, grob gesagt, einen kritischen und pragmatischen Umgang mit dem
römischen Recht, der es auch erlaubt, dieses bei Bedarf mit einheimischen Parti-
kularrechten zu kombinieren, verbunden mit einer zunehmenden Systematisierung
des Rechtsbestandes. Eine Kodifizierung des gesamten geltenden Rechts konnte
zwar noch nicht erreicht werden – sie blieb in Österreich Karl Anton von Martini
(1726–1800 ; vgl. hier S.Â
1056) und seinem Schüler Franz von Zeiller (1751–1828)
vorbehalten –, wohl aber die Ausbildung einer Rechtsdogmatik, die auch noch im
heutigen Privatrecht weiterwirkt (FloĂźmann 2006, 9). Eine weitere Tendenz (die
wie die Systematisierungsversuche letztlich schon auf den Humanismus zurĂĽckgeht :
Troje 1993, 53–61) war die Vertiefung des historischen Bewusstseins : Die Rechts-
geschichte, bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Hilfswissenschaft der Jurisprudenz,
entwickelte sich zu einer eigenständigen universitären Disziplin (Wieacker 1967,
212). Rechtswissenschaftliche Werke verzichteten nun selten auf eine geschichtli-
che EinfĂĽhrung in ihr jeweiliges Thema. Im deutschsprachigen Raum wurde das
alte deutsche Recht seit Hermann Conrings De origine iuris Germanici („Über den
Ursprung des germanischen Rechts“ ; Helmstedt 1643) zu einem vielbehandelten
Forschungsgegenstand. Mit der Aufklärung gewann des Weiteren die Vorstellung
vom Naturrecht als einer ĂĽbergesetzlichen, dem positiven Recht vorausliegenden
Ordnung stark an Bedeutung. Auch über Themen wie Kriegsvölkerrecht, Strafrecht
oder das Verhältnis zwischen Kirche und Staat wurde nun intensiver diskutiert als
in frĂĽheren Epochen.
Was Tirol betrifft, so nahm durch die Gründung der Universität Innsbruck, da-
neben auch durch die Einrichtung von LehrstĂĽhlen fĂĽr Kirchen- und Zivilrecht
am Trientner Lyzeum im Jahr 1758 die Zahl der ausgebildeten Juristen deutlich zu,
und die juristische Literatur erlebte quantitativ wie qualitativ einen gewaltigen Auf-
schwung. In generischer Hinsicht kam zu den bereits frĂĽher genannten Gattungen
eine Reihe von neuen hinzu. An erster Stelle ist hier das Disputationsschrifttum zu
nennen : Der Abschluss des Studiums war stets mit einer Disputation ĂĽber eine ju-
ristische Abhandlung verbunden, die meist vom zuständigen Professor, manchmal
aber auch vom Studenten selbst verfasst worden war (Probst 1869, 51). Da diese
Texte dem Lehrbetrieb entsprangen, hatten sie häufig ein bestimmtes Gebiet aus
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 2
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 728
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322