Seite - 13 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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des Körperlichen, das wiederum, bis in seine Materialität hinein, einen Effekt
spezifischer Macht-, Strategie- und Wissenspraktiken darstellt. Boxen setzt sich
aus Ritualen, Disziplinierungstechnologien und Subjektivierungsbestrebungen
zusammen und stützt sich auf spezifische Formen der Wissensherrschaft, der
Psychophysik und der Psychophysiologie, wobei die diskursive Trennlinie zu
unterschiedlichen Spezialdiskursen – wie Training, Nationalismus, Performati-
vität, pseudoreligiösen und glücksmonopolisierenden Ideologemen – zusätzlich
überschritten wird. Als ein wohl unbestreitbarer methodologischer Vorteil des
gewählten Ansatzes erweist sich, wie später noch ausführlich zu diskutieren sein
wird, dass Foucault die Denkfigur des Dispositivs als ein Netz beschreibt, „das
man zwischen diesen Elementen herstellen kann“22. Boxen soll im Folgenden als
ein wesentliches Diskursnetz in das textanalytische Zentrum der anschließen-
den Überlegungen gespannt werden. Mit gewissen Modifizierungen, die noch
genauer zu bestimmen sein werden, kann die um das Konzept des Dispositivs
erweiterte Diskursanalyse auf die boxliterarische Erzählliteratur angewandt
werden.
Faust und Geist nähert sich dem ,realen‘ Boxen in den 1920er-Jahren somit
aus textzentrierter Perspektive – in Form eingehender Analysen des Mosaiks
aus Schriften, Mentalitäten, Zeittendenzen, Körperkulturen und Moderne-
Modellen, dessen Partikel sich im Boxen wechselseitig kommentieren; das Kor-
pus der boxliterarischen Schriften, das untersucht wird, soll über jene dichoto-
men Grenzmarkierungen gehoben werden, die im Schreiben über diesen Sport
häufig unverrückbar scheinen. Es soll ein Beitrag zur Kulturgeschichte des ge-
sellschaftlichen Subsystems Boxen geleistet werden – und somit zur Moderne
im engeren Sinn, deren theoretische und ästhetische Fundamente im rasanten
Beschleunigungsgefälle in der Zeit der Weimarer Republik erodieren und neu
definiert werden. Der Boxer rückt als Repräsentationsfigur in den Mittelpunkt,
der Boxsport etabliert sich als ein zentrales Bildfeld und als Konstituente der ge-
sellschaftspolitischen Entwicklung. Boxen steht an der Wiege des vergangenen
Säkulums, dieses „physischen Jahrhunderts“23. Der erzählte Boxsport nimmt
darin eine zentrale Stellung ein. Auf den Weimarer Wortbergen liegt Boxen,
literarisiert und ästhetisiert, obenauf.
22 Foucault 2003, S. 392
23 Hrdlicka 1967, S. 527 13
EinleitungVorbemerkung:
Aporien
des
literarisierten
Boxens |
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Titel
- FAUST UND GEIST
- Untertitel
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Autor
- Wolfgang Paterno
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Abmessungen
- 16.1 x 25.5 cm
- Seiten
- 446
- Schlagwörter
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
- „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440