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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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3 .Taten sprechen lassen: Zentralsignatur Kämpfen Boxer, ahnt Karl Jaspers in seiner Schrift Die geistige Situation der Zeit, schlü- gen „ihr Leben in die Schanze“244, indem sie zur Anschauung brächten, was der Masse versagt bliebe; begeistert, aber auch „erschreckt und befriedigt“245, so reagiere das Publikum, mit „Kampflust“246 und „Heroismus“247 konfrontiert, auf den im Ring dargebotenen „Anblick exzentrischer Möglichkeiten“248. Die er- zählende Literatur wird, wie später noch genauer zu erörtern sein wird, mit der Signatur des Kämpfens einen zentralen diskursiven Knotenpunkt ausmachen, der sich im Speziellen verzweigt und entfaltet – hinein ins Körperökonomische und -technische, das wiederum neue Konzeptionen der Beziehungen zwischen Macht, Körper und Individuum radikal ineinander verschränkt und hervorruft: Besonders in der Trivialliteratur präsentiert sich der Boxer, wie zu Beginn des folgenden Hauptabschnitts gezeigt werden wird, als ein maschinengleicher, wil- lenloser Golem, der von einem ebenso ökonomisierten wie funktionalisierten Körper gesteuert und nahezu ausschließlich auf Effizienz und Mechanisierung ausgerichtet scheint. Während die Autoren der elaborierten Literatur sowohl die Grenzen der mikro- als auch der makrokörperkulturellen Ebene – der einzelne Boxer scheitert bereits im Training, die Körpersemantiken werden einer gene- rellen Kritik unterzogen – verschieben, zeigt Robert Musil dem Zusammen- spiel von Körper, Individualität und Wissen neue Weg auf. Im Sportverständnis der Weimarer Republik, das ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts von bewaffnetem Duellfanatismus249 und ab 1918 von den Folgen der Material- schlachten des Ersten Weltkriegs mitgeprägt wird250, amalgiert der Signalreiz Sport, der „immerwährende Wettbewerb der Kräfte“251, mit dem Phänomen des Kämpfens zu einer Grundstimmung, welche die Zeitgenossen zugleich „enthu- manisiert, gestählt und zerrüttet“252, aber auch „athletisch und verzweifelt“253 zurücklässt, wie Thomas Mann in Meine Zeit bemerkt. Die sportiven Leitbilder des Kämpfens, Wetteiferns, Muskelmessens und Siegens werden in dem „Jahr- 244 Jaspers 1998, S. 61 245 Ebd. 246 Ebd. (Hervorh. im Orig.) 247 Ebd. 248 Ebd. 249 Vgl. Blom 2009, S. 189ff 250 Vgl. Kaes 1983, S. XIX 251 Fischer 1982, S. 37 252 Mann 1960a, S. 314 253 Ebd. 76 | Teil I. Zeitzeichen Boxen
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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