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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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In ihrem eigens abonnierten Boxfachblatt lesend, fragt sich Susanne: Wie lebt ein Boxer? Lebt er keusch, um seine Kräfte zu schonen, wie Schnath [Louis’ Sekretär, WP] gesagt hatte? Wenn dies so war, was zog denn diese Ber- liner Schauspielerinnen und bekannte Lebedamen derart zu den Boxern? In die- ser Nummer, die sie eben durchblättert hatte, war eine Photographie, die einen berühmten amerikanischen Boxer beim Picknick mit zwei bekannten Schauspie- lerinnen zeigte. Diese beiden Frauen, die bei ihrer finanziellen Unabhängigkeit doch gewiß anspruchsvoll waren und gutes Aussehen oder Geist von den Männern verlangten, mußten schließlich etwas anderes Anziehendes bei dem Boxer finden. Denn dieser Mann war nichts als ein mächtiger Bulle; er sah weder schön noch klug, ja geradezu unsympathisch aus. Es konnte doch nur das eine sein! 34 Louis vermutet, dass Susanne „Sportbegeisterung“35 heuchle: „Sie hat jeden Sinn für Schicklichkeit verloren, dachte er verzweifelt, und das ist nur der An- fang ihrer Tollheit.“36 Für Louis ist Boxen eine „ganz plebejische Angelegen- heit“37; es sei „überhaupt kein Sport, wenn Tausende zusähen, wie zwei sich schlagen“38. Susanne entgegnet, dass Boxen „doch der beliebteste Sport deiner Amerikaner“39 sei. Boxen wird noch weitestgehend als „Unkultur“40 eingestuft; der Sport ist noch weit von seiner späteren Omnipräsenz entfernt. Als schritt- weise Annäherung an das spezielle boxsportive Lebensgefühl der 1920er-Jahre stellt Breitbachs Roman dennoch Handlungsmuster und Identifikationsfiguren bereit, die den sozialhistorischen Zusammenhang zwischen Boxen und den an den Sport angrenzenden Diskurs- und Praxisfeldern anklingen lassen. Die Wandlung der Susanne Dasseldorf vermittelt Einblicke in Zusammenhänge, die vom boxliterarischen Trivialroman mit seiner Emphase und seinem Pathos im Regelfall perpetuiert werden. Mit Schnath, dem Sekretär ihres Bruders Louis, besucht Susanne eine improvisierte Boxkampfveranstaltung, bei der auch ihr heimlich verehrter (und von ihr erotisch begehrter) Peter in den Ring steigt; Breitbach beschreibt das Ereignis in ernüchternder Schonungslosigkeit: Die Halle war ein großer, primitiver Holzbau ohne richtige Tribüne. Der Ring stand in der Mitte. Ein paar Reihen Gartenstühle bildeten die bessern Plätze rund 34 Breitbach 2006, S. 424 (Hervorh. im Orig.) 35 Ebd., S. 422 36 Ebd. 37 Ebd., S. 408 38 Ebd. 39 Ebd. 40 Sigleur 1940, S. 109 166 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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