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FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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um den Ring herum, sonst gab es nur lange Holzbänke. Es war Platz für acht- hundert Menschen. Über dem Ring war ein mächtiger Scheinwerfer angebracht. Der Raum war, obwohl es noch hell genug gewesen wäre, grell erleuchtet. Auf den Bänken saßen hier und da bereits ein paar Soldaten und einige junge Leute aus dem Volk.. […] Es war ungemütlich in dem leeren Raum. Susanne zog ihren dünnen Mantel fes- ter um das Kleid und starrte nach dem Eingang. Die Leute bröckelten nur lang- sam herein. Ein älterer Offizier setzte sich neben sie. Dann kam ein Leutnant mit einem geschminkten Frauenzimmer. […] Die Bänke waren fast ausschließlich von jungen Burschen und Soldaten mit Mäd- chen aus dem Volk besetzt. Es ging dort laut und ungeniert zu. In den Stuhlreihen saßen fast nur Offiziere. Viele mit sehr aufgetakelten Frauenzimmern, die sich in aller Öffentlichkeit puderten und die Lippen schminkten. „Das ist ja eine illustre Gesellschaft“, sagte sie. „Allerdings. Es ist wirklich sehr gemischt.“ Schnath war etwas verlegen. „Der Boxsport ist eben in der Provinz noch nicht richtig durchge- setzt“, sagte Susanne. 41 Im Roman werden mit Hilfe des Boxens erste Berührungspunkte zu anderen Bedeutungsfeldern hergestellt; von der nahezu kritiklosen Verabsolutierung des Boxens, die dem Sport späterhin enormen Bedeutungszuwachs verleihen wird, ist das Wald-und-Wiesen-Boxen in Die Wandlung der Susanne Dasseldorf noch Äonen entfernt: Händeklatschen und Bravorufe waren noch nicht verebbt, da kletterten das erste Kämpferpaar, der Schiedsrichter und die Masseurjungen durch die Seile. Der Schiedsrichter nahm die beiden Kämpfer an der Hand und stellte sie vor. Sofort brauste ein Beifallssturm durch die Halle. Die erste Runde des ersten Paars begann. Susanne war jetzt sich selbst überlassen. Sie verstand nichts von den Kampfregeln. Schnath mochte sie nicht fragen. Sie hatte sich ihm gegenüber ein klein wenig zu fachmännisch aufgespielt. Allerdings hatte sie geglaubt, etwas aus ihrer Zeitschrift gelernt zu haben. Sie kannte ja auch die Ausdrücke: Tiefschlag, Haken und so wei- ter. Wie oft hatte sie es gelesen: Aber was nun ein Tiefschlag oder ein Haken war, wußte sie doch nicht. Sie erriet nur jedesmal an dem ohrenbetäubenden Geschrei der Zuschauer, daß an einem Schlag etwas Besonderes gewesen sein mußte. Sie fing an sich zu langweilen. Das war ja ein ganz öder Sport. Schließlich verfolgte sie die Schläge der Kämpfer überhaupt nicht mehr, und sie war sehr erstaunt, als die neun Runden vorbei waren und ein „Unentschieden“ verkündet wurde. 41 Breitbach 2006, S. 481 167 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Titel
FAUST UND GEIST
Untertitel
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Autor
Wolfgang Paterno
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Abmessungen
16.1 x 25.5 cm
Seiten
446
Schlagwörter
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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